Tesla, VW und die Elektromobilität

Tesla, VW und die Elektromobilitaet - Elektroauto tanken
„VW ist das neue Tesla“ jubelten etwa tausende von jungen Aktienneulingen, die in der Corona-Zeit ihre Liebe zu Aktien entdeckt haben. Doch sind die beiden Autowerte vergleichbar? Welche Rolle spielen BWM und Daimler in der Rallye auf dem Elektromobilität-Markt? Mehr dazu in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

Neben der Corona-Krise werden momentan sämtliche Börsennachrichten zum großen Teil von einem weiteren Thema dominiert: die Vorherrschaft am Markt für Elektromobilität. Nach anfänglichen Versäumnissen und Schwierigkeiten setzt VW zu einer beeindruckenden Aufholjagd an, um somit ein ernst zu nehmender Konkurrent für den US-amerikanischen Autohersteller Tesla zu werden. Auch Daimler und BMW haben die Relevanz der Elektromobilität für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit verstanden und ziehen nach. Im Folgenden betrachten und erläutern wir die Hintergründe.

Kein Gleichschritt an den Börsen

Vor ziemlich genau einem Jahr erschütterten die ersten Nachrichten einer potenziellen globalen Pandemie die Aktienmärkte. Von Angst und Panik geprägt, schickten private und institutionelle Anleger*innen die Börsen auf Talfahrt und vernichteten so binnen kürzester Zeit 25 Billionen US-Dollar an Börsenwert.

Nach anfänglicher Diskussion darüber, ob die Märkte nun stagnieren oder gar weiter fallen würden, wurde schnell klar, dass die Aktienmärkte andere Pläne hatten. Der Corona-Schock für die Märkte verweilte nur kurz und die Kurse erholten sich schneller als von Expert*innen prognostiziert. Über die letzten Wochen kletterten die weltweiten Indizes von einem Alltime-High zum nächsten. Natürlich profitieren nicht alle Unternehmen an der Börse im gleichen Maße von der schnellen Erholung. Einige Werte verzeichnen einen schnelleren und größeren Kursanstieg als andere. Insbesondere die Techwerte der USA wie Apple, Google oder der Versandriese Amazon legten imposante Kursrallyes hin. 

Vergleich Dax vs. Dow Jones über 5 Jahre - Quelle VWD.de
Vergleich Dax vs. Dow Jones über 5 Jahre – Quelle: VWD.de

Das Problem der VW-Aktie

Neben den angesprochenen Techwerten konnte sich die Kursentwicklung der deutschen Autohersteller ebenfalls mehr als sehen lassen. Tausende von jungen Neuinvestor*innen, welche im Rahmen der Corona-Krise ihre Passion für Aktienmärkte entdeckt haben, tauften VW zum neuen Tesla. Internetplattformen und Foren, welche durch die GameStop-Affäre bekannt geworden sind, spielen eine wichtige, zuvor nie dagewesene Rolle. Da VW an der New Yorker Börse nicht direkt gehandelt werden kann, müssen sich Anleger*innen über sogenannte ADR-Scheine (American Depositary Receipt) beteiligen. 

Ein grundsätzliches Problem dieser ADRs ist, dass sich diese auf die Stammaktien von VW beziehen, welche durch eine geringe Liquidität gekennzeichnet sind. Ein beachtlicher Großteil der Stammaktien, um genau zu sein 90 %, gehören dem Großaktionär Porsche SE, dem Bundesland Niedersachsen und dem Emirat Katar. Dennoch war in den letzten Wochen ein erstaunlicher Anstieg der Umsätze mit den VW-Scheinen in den USA erkennbar. Vereinzelt betrug der Umsatz mehr als das Zehnfach des normalen Umsatzes. Aufgrund der geringen Anzahl an handelbaren VW-Papieren führte der vermehrte Handel zu einem enormen Kursanstieg der Stammaktien.

Expert*innen sehen jedoch noch einen anderen möglichen Grund für die jüngste Rallye. Es wird vermutet, dass möglicherweise Hedgefonds eine zentrale Rolle gespielt haben. Diese hatten zuvor wohl auf eine bessere Kursentwicklung der Vorzugsaktien gewettet, und wurden schlicht von der positiven Entwicklung der Stammaktien überrascht. Als Resultat waren sie gezwungen ihre Wetten aufzugeben. Die ging mit der Konsequenz einher, dass die Hedgefonds möglichst zügig Aktien zurückerwarben, wodurch der Kurs der VW-Aktien weiter nach oben gepusht wurde. Hierbei handelt es sich jedoch nur um Spekulation seitens der Expert*innen, ein Beweis liegt nicht vor. Eins ist jedoch klar: hinter dem Kursanstieg der VW-Papiere steckt mehr als nur erfreuliche Quartalsergebnisse oder Zukunftsaussichten. 

Die „frühzyklische“ Automobilbranche

Insgesamt betrachtet zählt die Automobilindustrie zu den sogenannten „frühzyklischen“ Werten. Dies bedeutet, dass die Autoindustrie zwar mehr und schneller von einer Wirtschaftsrezession betroffen ist, insbesondere durch sinkende Absatzzahlen. Auf der anderen Seite ist sie jedoch gleichzeitig die Industrie, die sich am zügigsten erholt im Rahmen einer Konjunkturerholung. Zuvor aufgeschobene Autokäufe werden nachgeholt.

An dieser positiven Entwicklung partizipierten neben VW auch die Konkurrenten Daimler und BWM. Die Aktienkurse von BMW und Daimler kennen seit Ende März letzten Jahren nur eine Richtung: nach oben. Somit konnte sich der Kurs der Daimler Aktie innerhalb kürzester Zeit von 21 Euro im März 2020 auf ca. 75 Euro mehr als verdreifachen.

Vergleich VW vs. Daimler über 5 Jahre - Quelle VWD.de
Vergleich VW vs. Daimler über 5 Jahre – Quelle: VWD.de

Durch diese positive Entwicklung konnte Daimler mit der Entwicklung des Leitindex DAX Schritt halten und ließ sich auch nicht von der Konkurrenz BMW und VW abhängen. Vergangenes Jahr konnten die Münchener und Wolfsburger an der Börse nur die Schlusslichter von Daimler sehen und blieben weit hinter der Kursentwicklung des Konzerns aus Stuttgart. 

Tesla – Pionier der Elektromobilität

Über die letzten Monate haben zahlreiche Beobachter ihre Meinung und Einschätzung bezüglich der Autoindustrie geändert. Investoren*innen haben vermehrt die Bedeutung der Elektromobilität verstanden und akzeptieren diese auch. VW verfolgt diesen Ansatz höchst ambitioniert und mit sehr hohen Geldressourcen. Auch Daimler hat unter der Leitung von Ola Kellenius eine eindeutige Strategie entwickelt, wie der Umstieg auf Elektromobilität vorangetrieben und umgesetzt werden soll. Unter Berücksichtigung der enorm hohen Marktkapitalisierung von Tesla in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar wird deutlich, welches Potenzial in den deutschen Autowerten noch steckt. Zum Vergleich: Während VW mit knapp 135 Milliarden Euro an der Börse bewertet ist, sind es bei Daimler trotz impulsiver Kursrallye in den letzten Monaten gerade einmal 75 Milliarden Euro.

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Weniger auffallend sind die Unterschiede bei den Anleihen der deutschen Autowerte. Somit wird bei Euro-Anleihen von Daimler, BMW und VW mit einer Laufzeit von 5 Jahren eine Rendite in Höhe von ca. einem Prozent als positiv bewertet. Betrachtet man die Bonität der Autokonzerne, ist eine Stabilisierung zu beobachten. Noch im letzten Jahr wurde die Kreditwürdigkeit der Automobilunternehmen von Ratingagenturen herabgestuft. BWM erfreut sich momentan aus Sicht der Ratingagenturen einer besseren Bonität als Daimler. Interessanterweise sieht dies bei dem US-amerikanischen Konkurrenten Tesla ganz anders aus. Tesla, dessen Börsenwert mehr als das Dreifache der deutschen Autokonzerne zusammen beträgt, verfügt laut Ratingagenturen über eine eher bescheidene Bonität im Junk-Bereich. Dementsprechend verlangen Investor*innen für die einzige Dollaranleihe von Tesla auch eine signifikant höhere Rendite im Vergleich zu den Anleihen der deutschen Autokonzerne.

VW gegen Tesla, es bleibt spannend. Verfolgen Sie die aktuellen Neuigkeiten auf unserem Finanzblog.

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Michael Scholtis

Michael Scholtis

Michael Scholtis ist Senior Relationship Manager und Partner der Plutos Vermögensverwaltung AG. Er ist außerdem Fondsmanager unseres Kana NEB Fund, wo er sich auf trendstarke Qualitätsaktien fokussiert. Zuvor war Michael Scholtis Wertpapierspezialist der Commerzbank AG Region Taunus und später Geschäftsführer bei einer unabhängigen Vermögensverwaltung im Taunus tätig.

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