Sola’s Meinung zum Schweizer Aktien-Markt (Episode 9)

Inhaltsverzeichnis

*** Plutos – Schweiz Fund Update ***

*** FOMO is back ***

*** Straumann investiert in Wachstum ***

*** Arbonia – don’t look back in anger ***

*** Temenos’ CEO-Suche ***

*** INOVEST mit neuem CEO ***

Der Plutos – Schweiz Fund konnte sich im Februar deutlich von den wenig dynamischen Märkten abheben und schloss den Berichtsmonat mit einem mittleren einstelligen Wertzuwachs. Natürlich half der Kurssprung bei Zur Rose, doch auch Bystronic, Zehnder, Ascom, Temenos, Sensirion, Holcim, Straumann und Interroll trugen merklich zur Höherbewertung bei. Einzig ams-Osram und SIG Combibloc belasteten spürbar.

Im Februar hat der Schwung an den Märkten und damit auch dem Schweizer Aktien-Markt merklich nachgelassen – wie antizipiert lassen die starken US-Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten sowie die FED-Äusserungen nicht auf einen nahen Zinsgipfel hoffen. Und doch spiegeln die Indizes die Zinsunsicherheit nicht, notieren sie doch unweit der 6-Monatshochs.

Positiv stimmen mich zudem die relative Stärke der europäischen Aktien ggü. der USA, die Diskussion um ein Ausbleiben einer Rezession, nachlassende Inflationserwartungen und eine höhere Konsumenten- und Managerstimmung. Ich halte mich an die alte Börsenweisheit ‘Der Markt hat immer recht’ und bleibe konstruktiv positiv für den weiteren Jahresverlauf an den Börsen.

FOMO is back

Ziemlich überrascht hat mich die Auferstehung eines Wortes, dass ich zuletzt wohl 2021 gehört habe: FOMO.

„Fear Of Missing Out“ entsteht, wenn man wenig Aktienexposure im Depot hat, eine Hausse zu verpassen fürchtet und man umsonst auf größere Kursrücksetzer wartet.

Nun, so ganz panisch wäre ich jetzt noch nicht, aber es ist klar, dass ein Verpassen der ersten zehn Index-Prozente und wohl 20 – 40 % bei vielen Aktien etwas schmerzen können.

Warnungen, wie eine kürzliche UBS-Studie, die eine deutliche Verlangsamung der Teuerung in diesem Jahr und per Anfang 2024 markant tiefere US-Zinsen prognostiziert, sind da Salz in der Wunde.

Mein Rat: mit einer ersten Tranche die Aktiengewichtung erhöhen, bei grösseren Rücksetzern Qualität aufbauen und eine weitere Tranche beifügen. Zu viele Investoren wollen bei einer Hausse mit dabei sein, aber verlieren den Mut, wenn es einzusteigen gilt.

Straumann investiert in Wachstum

Genau so einen Kursrücksetzer haben wir nach der Publikation der Straumann-Zahlen gesehen, den man noch immer nutzen kann. Wohl eines der qualitativ besten Schweizer Unternehmen wird für ihr Investment in Wachstum bestraft, nur weil die Guidance ein paar Basispunkte unter dem Konsens liegt.

Das ist mir dann doch etwas zu kurzfristig gedacht, hat Straumann doch erneut bewiesen, wie enorm wachstums- und margenstark, resilient und im Vergleich zur Konkurrenz hochprofitabel man ist.

Der Plutos – Schweiz Fund hat die Chance genutzt und die Position Straumann erhöht.

Temenos’ CEO-Suche

Drei Tage der letzten Woche standen ganz im Zeichen von Temenos: Am Montagabend die Q4-Resultate, Dienstag der Capital Markets Day und am Mittwoch ein interessantes, informatives Gespräch mit CFO Takis Spiliopoulos.

Insgesamt habe ich die Bestätigung erhalten, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen: Temenos geht von realistischeren, konservativeren und somit fast sicher erreichbaren Zahlen aus.

Letztes Jahr schien mir der CFO selbst nicht so ganz von der Erreichung der Ziele überzeugt. Die Guidance 2023 sieht einen gewissen Spielraum vor und der Finanzchef hat den anwesenden Investoren ein hohes Commitment zur Erreichung dieser Ziele vermittelt, da er wohl auch mehr dazu beitragen konnte.

Natürlich immer mit dem Disclaimer, dass sich das geopolitische Umfeld nicht markant verschlechtert. Auch die Einarbeitung der Annahme von großen Deals sei definitiv viel realistischer als letztes Jahr („most likely outcome“). Die Sales-Fluktuation ist seit Oktober bzw. dem Profit Warning deutlich gesunken, die Retention der erfolgreichsten, besten Verkäufer wurde bereits 2022 gesichert.

Ein grösseres Fragezeichen ist die Evaluation eines neuen CEO – wichtig scheint mir aber insofern, dass Andreas Andreades an der GV vom 3. Mai 2023 sein VRP-Amt abgeben und nicht mehr im VR vertreten sein wird.

Der Abgang von Max Chuard hatte keinen negativen Einfluss, doch hätte sich auch Andreades sogleich zurückgezogen, wäre das kaum positiv für das Geschäft gewesen, kennt er doch das Unternehmen am besten und längsten. Die Übergangsfrist bis zur Ernennung des neuen CEO wurde mit dem grössten Aktionär klar vereinbart: länger als Dezember 2023 wird Andreades nicht im CEO-Amt verbleiben, was auch aus Governance-Sicht zu begrüssen ist.

Die gestellten Anforderungen an seinen Nachfolger sind jedoch in Bezug auf Sektor- und Führungserfahrung, professionelle Laufbahn und natürlich auch Salär herausfordernd gesteckt, man sucht eigentlich die „eierlegende Wollmilchsau“ 😉

Die überraschend hohe Mittelfrist-Guidance für den Free Cashflow von >USD 700 Mio. erschließt sich aus einer höheren Profitabilität, die jedes Jahr zunehmen wird, von rund USD 300 Mio.

Investitionen in die Skalierbarkeit von SaaS sowie Sales/Marketing werden nicht vernachlässigt und wohl markant bleiben. Die übrigen USD 400 Mio. kommen vollumfänglich aus dem SaaS-Wachstum, ein Bereich, der die nächsten 10 Jahre konstant wachsen soll.

Besonders für das Corporate-Segment (Trade Finance, Lending, Treasury) und Wealth ist Temenos sehr positiv, da seien viele grosse, interessante Deals in der Markt-Pipeline. Konkurrent Avaloq scheint bei den Kunden durch den japanischen Einfluss eher an Relevanz verloren zu haben.

Bereits mit Q1/23, am 25. April 2023, werden sich einige der obigen Punkte überprüfen lassen. Wenn bis dahin noch kein Angebot für Temenos auf dem Tisch liegt 😉 Mit der Ankündigung des neuen CEO rechne ich vorerst nicht.

Mein Fazit: Mit einer gewissen Übernahme-Fantasie und einer Bewertung, die unter der Konkurrenz liegt (23/24 19.2x/16.3x ggü. Euro Software 25x/22x), ist Temenos weiterhin sehr attraktiv und wir behalten die hohe Gewichtung im Plutos-Schweiz Fund bei.

Arbonia – don’t look back in anger

2022 war für Arbonia nicht einfach: Lagerabbau bei Kunden, hohe Rohmaterialpreise und Inflationserwartungen und deutlich höhere Energiepreise ließen kaum Deckungsbeitrag, Lieferengpässe nicht das gewünschte Volumen zu. Ein Hauptproblem, dass natürlich auch Spuren im Free Cashflow hinterliess, war auch das Umlaufvermögen.

Insbesondere Flachheizkörper sahen eine äußerst unübliche Saisonalität und im zweiten Halbjahr, normalerweise Hochsaison, brachen die Umsätze bis zu 50 % weg. Hier wird es 2023 sicher eine Normalisierung geben. Weiterhin sehr positiv entwickelte sich das Geschäft mit Wärmepumpen um 40 %, das 2023 nochmals 50 % wachsen wird.

2023 werden sich viele der belastenden Parameter zu Arbonia’s Gunsten verändern: bereits bemerkt man einen markanten Rückgang der Rohstoffpreise, die Inflationserwartungen sind gedämpfter und die Läger leeren sich bis Ende Q2/23 – hier wird Arbonia zum Halbjahr ein klareres Bild zeichnen können.

Die verzögerte Weitergabe von höheren Rohstoffkosten durch Preiserhöhungen werden nun ebenfalls durch eine verzögerte Preisreduktion zum Vorteil. Die Lieferengpässe elektronischer Bauteile haben sich merklich verbessert. Die Energiekosten bleiben vorerst konstant, werden aber kontinuierlich sinken. Wegen der angesprochenen Saisonalität nicht bereits im H1, aber per Ende Jahr wird sich auch das Umlaufvermögen reduzieren, was wiederum dem Free Cashflow helfen wird – der wird 2023 positiv ausfallen. Und die Netto-Verschuldung wird 2023 wohl CHF 20-30 Mio. abnehmen.

Bereits Ende 2022 hat man eine Normalisierung der Baugenehmigungen in Deutschland bemerkt. Der Start ins Jahr 2023 sah Türen (-15 %) und Flachheizkörper (-37 %) zwar mit weniger Umsatz im Vergleich zu Januar 2022, aber deutlich höheren Margen („und deutlich heisst nicht 10 %“), getrieben von Materialpreisen v.a. Stahl.

Die unterliegenden Treiber bleiben stark: In der Schweiz fehlen noch immer 50’000 Wohnungen, in Deutschland 700’000 und das Bevölkerungswachstum in Europa wird hoch bleiben. Deutschlands Bausubstanz ist zu einem grossen Teil marode und wenn Immobilien-Entwickler die Kalt-Mieten erhöhen wollen, müssen sie die Energieeffizienz erhöhen und investieren.

Arbonia gibt neu auch eine Guidance auf Level EBIT-Marge ab (4 %). Dies, weil 2023 wesentlich weniger Investitionen getätigt werden und daher weniger Abschreibungen anfallen – die EBIT-Marge wird also zur neuen Messgröße. Das Umsatz-Ziel liegt bei CHF 1’300 Mio. nach CHF 1’200 Mio. 2022, die EBITDA-Marge bei 10 % nach 9.4 % 2022 und ein Capex-Level für Unterhalt und Wachstum CHF 90 Mio.

Treiber für höhere Margen werden zukünftig u.a. tiefere Energiekosten sein: Arbonia konsumiert rund 100 MkWh Energie im Jahr, was 2021 ca. CHF 10m kostete – 2022 waren die Kosten 5x höher. Bis 2026 soll ein neues Energiekonzept mit eigenem KWK, Solarzellen und einem verbesserten Einkaufsverhalten die Kosten deutlich senken – 44 % der benötigten Energie will Arbonia ab 2026 selber produzieren. 2023 geht das KWK in Betrieb.

Alexander von Witzleben liess im Gespräch durchblicken, dass die Capex-Aufwendungen für die nächsten Jahre tiefer sein werden:

nach 7 % 2023, 4.3 % 2024 und 3.3 % 2025 (entsprechend Umsätzen von CHF 1’400 Mio., CHF 1’500 Mio und Capex CHF 60 Mio. resp. CHF 50 Mio. 2024/25) – dies ist aber nicht als offizielle Guidance zu verstehen.

Über die Zukunft des Türen-Segments, das notabene organisch von CHF 340 Mio. 2017 auf CHF 400 Mio. 2022 gewachsen ist und weitere CHF 100-150 Mio. Wachstum möglich sind, wird im VR im zweiten Halbjahr diskutiert. Bereits heute mangelt es nicht an interessierten Parteien für ein stark Cash-generierendes, modern ausgerichtetes Geschäft, das wohl um die CHF 800 Mio. in die Kasse spülen würde. 2024 wird der Entscheid gefallen sein.

Mein Fazit: Arbonia hat 2022 auf einigen Ebenen gelitten, viele dieser negativen Einflüsse werden sich 2023 abschwächen oder wegfallen. Die Diskussion um das Türen-Segment spornt die Fantasie an.

Ein Investor kann nun dem Jahrgang 22 nachtrauern oder in Anbetracht der Verbesserungen 2023-26 in die Zukunft investieren. Ich denke, Sie können erraten, in welchem Lager ich bin 😉

INOVEST mit neuem CEO

Per 1. März 2023 durfte ich die CEO-Position bei INOVEST Partners in Baar ZG übernehmen, einem jungen, multinationalen Unternehmen, das im Daten-Research, der Entwicklung von systematischen Anlage-Strategien unter Einbezug von Artificial Intelligence und Machine Learning, sowie Behavioral Finance neue, innovative und erfolgreiche Wege geht.

Wie passt denn mein fundamentaler Anlagestil zu einem Quant-Unternehmen, mögen Sie sich fragen. Aktives, fundamental analysiertes Asset Management wird in speziellen Anlage-Klassen, wie z.B. Schweizer Small- & Mid Caps, mittelfristig nicht von einem quantitativen Ansatz abgelöst werden. Doch in einem globalen Kontext führt kein Weg an Quant vorbei, denn zu gross ist die Daten-Flut und die möglichen Anlagemöglichkeiten, um auf diesem Level als Stockpicker agieren zu können.

Daher ist meine Tätigkeit bei INOVEST Partners eine ideale Erweiterung meines Know-Hows und wird mir eine noch breitere Diskussions- und Beratungskompetenz mit bestehenden und zukünftigen Investoren erlauben. Im April 2023 wird das Produkte-Portfolio um ein Global Long-Only Strategie erweitert.

Ich freue mich auf meine neue Aufgabe und sollte ich auch Ihr Interesse für die INOVEST-Strategien geweckt haben, so zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren. 

Bis demnächst,

Stephan

ZOOM-KÄFELI

Gerne können wir über die erwähnten Punkte in einem Zoom-Käfeli ins Detail gehen – ich freue mich, von Ihnen zu hören!

Stephan Sola

Stephan Sola

Weitere Neuigkeiten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert