Sola’s Meinung zum Schweizer Aktien-Markt (Episode 4)

Inhaltsverzeichnis

Die ‚zukünftige‘ SIKA *** Comet’s Herausforderung *** AMS und Logitech mit möglichen Triggern

Wer den diesjährigen Kursverlauf der SIKA als Aussenseiter betrachtet, denkt sich vielleicht, dass die lange Erfolgsstory beendet ist. Zeit also für einen Update und ich packte die Gelegenheit, mich beim Capital Markets Day im Detail zu informieren.

Im Vorfeld der Veranstaltung erhöhte SIKA die Umsatzprognose für 2022: von „deutlich über 10 %“ auf „über 15 %“ Wachstum und zum ersten Mal über CHF 10 Mia. Die Marge wird weiterhin überproportional zulegen und auch das Margenziel für 2023 von 15 – 18 % wurde bestätigt.

Die MBCC-Akquisition wird zügig vorangetrieben, regulatorisch muss aber zuerst der Admix-Anteil, rund CHF 850 Mio. verkauft werden. Das Paket stosse auf sehr hohes Interesse und wird als Ganzes, sprich USA, EMEA und APAC kombiniert, an einen Käufer gehen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass sich auch Holcim das Angebot genau ansieht, kennt doch Holcim-CEO Jan Jenisch den Bereich sehr gut, der sich vermehrt weg vom Zement in Richtung Bauchemie bewegen möchte. Bei SIKA würde auch der Kauf durch einen grossen Zement-Konzern zu wenig Besorgnis in Bezug auf Wettbewerb führen.

SIKA werde auch in Zukunft solche Transaktionen angehen, auch wenn die MBCC-Transaktion ziemlich Geduld erfordere. Der seit dem Kauf-Entscheid 10 % positive EUR-Einfluss sowie der Admix-Verkauf von 50 % in USD, 50 % in EUR führt insgesamt zu einem „günstigeren“ Übernahmepreis.

Nach Closing wird die Verschuldung auf rund 2.5x ansteigen, aber mit einer Konvertierung eines Bonds und rascher Entschuldung schon 2025 wieder auf den aktuellen 1.2x sein. Add-On‘s von 20 – 500 Mio. werden weiterhin v.a. auf regionaler Basis vorangetrieben. Sika kann M&A – dies zeigt der Parex-Deal perfekt, wo man in kurzer Zeit Synergien von 100 Mio. erreicht hat.

Doch eigentlich hatte der diesjährige CMD einen weiterblickenden Fokus: das nachhaltige Wachstum der SIKA bei gleichzeitiger Reduktion von Emissionen: Das Net Zero-Versprechen war das dominierende Thema, mit einer inspirierenden Präsentation durch Patricia Heidtman, CISO (Chief Innovation and Sustainability Officer). In vier sehr eindrücklichen Sessions wurden die wichtigsten Wachstumsfelder aufgezeigt:

Smart Cities – diese stellen ein enormes Marktpotenzial von rund CHF 2.3 Mia bis 2030 dar. Die Themen Wasseraufbereitung, Tunnels, e-Mobility, Solar- und Windenergie, aber auch ‘grüne’ bzw. wärmeabweisende Dächer.

Infrastructure & Refurbishment – in einer von gesundem Selbstvertrauen geprägten Präsentation zeigten die CEOs der Regionen Americas, EMEA und APAC (Christoph Ganz, Ivo Schaedler, Mike Campion) auf, dass trotz SIKA’s Marktführerschaft grosse Marktbereiche (Tunnels, Metros, Brücken, Dächer, Böden, Data Center, Giga Fabriken, Wasserabdichtung etc.) noch viel Ausdehnung der SIKA-Produkte ermöglichen.

Less3c (Clinker, Cement, Concrete) – Zementklinker ist ein wesentlicher Bestandteil von Beton, aber auch ein großer Verursacher von industriellen Treibhausgasemissionen. Mit Ersatzstoffen wird deshalb bereits heute der Klinkeranteil in der Zementproduktion reduziert. In einer eindrücklichen Vorstellung des ersten Portland Zement-freien Platten-Klebers Sikaceram, der 50 % weniger CO2-Emissionen aufweist, wurde dargestellt, wie die Zementherstellung produktiver, effizienter und nachhaltiger wird. Gleichzeitig soll vorsichtiger mit Wasser und SCMs (Supplementary cementitious materials) umgegangen werden – doch dies ist ohne Zusatzstoffe nicht möglich.

Transformation der Bauindustrie – die Digitalisierung macht auch vor dem Bau nicht halt und Software, Management-Tools, Monitoring, Internet of Things, ja gar Augmented und Virtual Reality sind wichtige Themen. Sand-Analyse Apps, Sensoren, Mix-Rezepturen, Monitoring vom Projektzustand in Echtzeit, Vereinfachung des Einkaufs durch Distributoren, Sikaroof für die Überwachung und den Schutz von Dächern sind einige der Beispiele.

Auch die Automation (Vorfertigung, Roboter, 3D-Printing) stellt grosses Potenzial und gleichzeitig hohe Hürden für die Konkurrenz dar. Bausubstanz soll rezykliert, wiederverwendet und damit CO2 und Abfall reduziert werden – ein tolles Projekt wurde jüngst in Sydney eröffnet: der AMP Quay Quarter Turm wurde teilweise ab- und neues angebaut – und dazu waren natürlich SIKA-Produkte unabdingbar.

Mein Fazit: um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Nein, die Erfolgsstory von SIKA ist nicht beendet – ich könnte mir gar vorstellen, dass SIKA in eine noch erfolgreichere Zukunft steuert: die Anwendung von Bauchemie hat sich von 1990 bis 2020 rund verdoppelt – und wird sich zwischen 2020 bis 2040 wohl verdrei- bis vervierfachen. Der zugrundeliegende Megatrend stimmt schon mal positiv 😉 und SIKA ist und bleibt eine der besten, innovativsten und wertvollsten Unternehmen an der Schweizer Börse.

Comet hat seit dem 1. September 2022 einen neuen CEO: Dr. Stephan Haferl ist seit 2007 beim Flamatter Unternehmen und leitete bisher den Bereich IXM X-Ray Modules. Er löst Kevin Crofton ab, der in der Finanzgemeinde einen äusserst guten Ruf hat. Doch leider scheint es ein offenes Geheimnis unter Investoren zu sein, dass Crofton und Teile des VR das Heu nicht auf der gleichen Bühne hatten.

Ich bin sicher, dass ein Teil des Drucks auf dem Titel durch diesen Managment-Wechsel ausgelöst wurde – zumal es wichtig wäre, auf dem C-Level von Comet endlich etwas Ruhe und Konstanz zu erreichen. Nun hatte ich letzte Woche die Ehre, CEO Stephan Haferl und CFO Lisa Pataki bei einem exklusiven Abendessen, das Stifel Schweiz organisierte, näher kennen zu lernen.

Mein Eindruck war durchwegs positiv. Haferl ist zwar kein „Semi-Guru“ wie zuvor VRP Heinz Kundert oder Kevin Crofton, doch er versteht das Geschäft, kennt die Kunden und vor allem Comet sehr gut. Er tritt selbstbewusst, eloquent und doch bescheiden auf und pflegt einen guten Zugang zu den Aktionären.

CFO Lisa Pataki war und ist ein Hauptgewinn für Comet: sie bildet mit Stephan Haferl aus meiner Sicht ein sehr dynamisches, junges, innovatives Team, das den Stürmen, denen Comet momentan und wohl noch für eine Weile ausgesetzt ist, widerstehen wird – und Comet wird gestärkt aus dieser Krise heraustreten.

Welche Krise denn, fragen Sie? Hat man nicht bisher immer von einer Semi-Nachfrage gesprochen, die keine Zyklen mehr kennt? Nun, das ist richtig und falsch. Zyklen gibt es noch immer, doch sind diese wohl in ihrer Volatilität moderater. Und es scheint Konsens zu sein, dass der Semi-Memory-Markt bis 2027 USD 150 Mia. erreichen wird.

Doch da der Memory-Markt eben auch konsumabhängig ist (PCs, Smartphones, Server), herrscht Unsicherheit, wie es denn 2023 aussieht – Schätzungen gehen von USD 90-100 Mia aus.

Da die grossen Namen wie Micron, Samsung, Intel, TSMC, Applied Materials etc. noch auf hohen Lagerbeständen sitzen und es 150-200 Tage dauert, bis Produktionskürzungen eine Normalisierung der Lager herbeiführen, dürften Supplier wie Comet, VAT, Inficon wohl keinen tollen Auftragseingang rapportieren können.

Doch Ende Q1, Anfang Q2 2023 könnte sich dies bereits wieder ändern, rutschen wir global nicht in eine grosse Rezession und einen resultierenden Konsumentenstreik. Dann wird die Nachfrage und damit auch die Preise steigen und der „normale“ Trend wieder aufgenommen werden.

Mein Fazit: Comet ist ein sehr gut positioniertes Unternehmen, dass eine relevante Rolle im Semi-Markt einnimmt. Das Management-Team, in Verbindung mit VRP Heinz Kundert, wird die Weichen richtig stellen, um den ungebrochenen Trend bewältigen zu können. Mit dem neuen RF-Generator werden 2022 noch kleine, 2023 deutliche höhere und 2024 signifikante Umsätze erreicht – das Produkt ist „State-of-the-Art“, bietet konkurrenzlose Möglichkeiten. Aktien von Comet, VAT oder auch Inficon werden über kurz oder lang auch in Ihrem Depot landen – aber man darf noch etwas Geduld walten lassen, die Q3-Updates erreichen möglicherweise nicht das gewohnte Level.

Haben Sie eigentlich bemerkt, dass AMS Osram mittlerweile bei einem P/E 2024 von 4x angekommen ist? Die Semi- und Lichtkombo ist jetzt günstiger zu haben, als vor einiger Zeit von Private Equity-Häusern für Osram allein geboten wurde. Und so scheint es mir nicht abwegig, wenn Diskussionen aufkommen, ob es wohl zu einer Übernahme von AMS Osram kommen könnte, um den Semi-Bereich z.B. an ST Micro zu verkaufen und Lighting einem PE zu überlassen.

Doch das Timing ist tricky: denn es wird gemunkelt, dass AMS Osram vor einem Design-Win bei Apple steht…und dann sollte ein Interessent nicht allzu lange warten  Fakt ist aber bisher noch, dass AMS Osram in einem perfekten Sturm gefangen ist, mit hohen Schulden und Capex-Anforderungen (Malaysia, Osram-Kapazitätserweiterung) und tiefem Cashflow – also nichts für Zartbesaitete.

Mein Fazit: Eine opportunistische Position in AMS Osram, die man trotz hoher Volatilität verkraften kann, scheint durchaus legitim.

Dieser Blog scheint diesmal etwas Tech-lastig, aber lassen Sie mich noch kurz meine Gedanken zu Logitech formulieren. Am 24. Oktober wird mit dem Q2/23 auch der Ausblick für das wichtigste Quartal des Jahres, das Weihnachtsquartal oder Q3/23, formuliert.

Der Markt erwartet einen Guidance-Cut und der Titel ist daher auch ein ‘Hedge Fund-Hotel’, mit über 8% Short-Interest der am meisten leer-verkaufte Titel des Schweizer SMI-Tableaus. Nun, das könnte sich bald ändern: sollte nämlich der Ausblick reduziert werden, so dürften viele Shorts eingedeckt werden, denn danach gibt es für längere Zeit keinen wichtigeren Quartals-Update mehr.

Das Q4, mit dem Ausblick auf Q1/24 und das Gesamtjahr, wird erst Anfang Mai rapportiert. Die Short-Positionen entsprechen übrigens rund 12 durchschnittlichen Tagesvolumen.

Mein Fazit: Grundsätzlich ist eine negative Revision des Ausblicks nichts Gutes – doch im Fall von Logitech könnte dies  möglicherweise den Beginn eines Rebounds darstellen, denn mit einem P/E von 13x 2023 ist Logitech weiterhin nicht teuer bewertet. Eine homöopathische Dosis Logitech in die Q2-Zahlen könnte Wunder wirken.

Bis demnächst,

Stephan

ZOOM-KÄFELI

Gerne können wir über die erwähnten Punkte in einem Zoom-Käfeli ins Detail gehen – ich freue mich, von Ihnen zu hören!

Stephan Sola

Stephan Sola

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US-Präsident Biden erwägt einen drastischen Anstieg der Zölle auf chinesische E-Autos, Solarpanels sowie Halbleiter. Von einer Vervierfachung auf 100 % ist die Rede. Dies melden US-Nachrichtenagenturen und Medien übereinstimmend unter Berufung auf Regierungskreise. Eine offizielle Ankündigung steht noch aus, wird aber zeitnah erwartet. Womit Biden diesen Schritt begründet, welche anderen Güter von den Zöllen betroffen sind und wie Europa reagiert, erfahren Sie hier.

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