Sola’s Meinung zum Schweizer Aktien-Markt (Episode 3)

Inhaltsverzeichnis

Der Geheimtipp Mobilezone *** Synergien zwischen Wärmepumpen und Türen *** Belimo’s Wachstumsschub *** SKAN – die teure Perle *** Meyer Burger‘s Selbstvertrauen *** Evolva‘s neues Management *** Aryzta serving inspiration

Es freut mich sehr, dass Sie wieder auf meinen Blog zurück gefunden haben.

Das Smartphone ist ein essenzieller Teil unseres Lebens geworden und während sich das Konsumverhalten verändern und ein Produktzyklus länger werden mag, wird ein bewussteres Kostenbewusstsein Mobilezone Kunden on- und offline zutragen.

Das vollständige Smartphone- und Zubehörsortiment, Abos für sämtliche Anbieter und eigene, günstigere Marken (Talk Talk in der Schweiz, HIGH in Deutschland) bilden ein attraktives Gesamtangebot. Daher ist Mobilezone im schwierigen Börsenjahr 2022 ein Überflieger. 

CEO Markus Bernhard führt die Gruppe seit vielen Jahren erfolgreich und doch scheint mir Mobilezone so etwas wie ein Geheimtipp: Mit CHF 1 Mia Umsatz (72 % in Deutschland, 28 % in der Schweiz), einer Marktkapitalisierung von CHF 700m, einem knapp 10 %-Wachstum bei bald 8 %-Marge, tiefer Verschuldung und hohem ROCE (72 %) wartete man mit einem Rekord-H1 auf, was auf ein Rekord-Jahr schließen lässt, denn saisonal ist das zweite Halbjahr jeweils stärker.

Noch nie musste CEO Bernhard Warenlager berichtigen, nie blieben Goodwill-Positionen lange auf der Bilanz. Und auch die im Moment viel diskutierten Stromkosten (rund 450 – 600k in der Schweiz, ohne Anzeichen einer dramatischen Veränderung) bewegt die Bilanz nicht. Eine klare Dividenden-Politik (60 – 65 % EBIT), hohe FCF-Raten und Aktienrückkäufe runden das positive Bild ab.

Mein Fazit: Mobilezone wird im heutigen inflationären Umfeld und der resultierenden Kostensensitivität profitieren.

Nachdem Arbonia schon vor über einem Jahr das Fenster-Geschäft veräussert hat, verbleiben Radiatoren, Bodenheizungen, HVAC (Heizung/Lüftung, Klimatechnik), Speicher-Batterien, Wärmepumpen (v.a. Luft/Wasser), Wärmespeicher und Luftumwälzer mit 55 % des Umsatzes und Türen mit 45 % des Umsatzes im Portfolio.

Die Synergien zwischen den Divisionen? Da bin ich überfragt und daher glaube ich, dass Arbonia die Bereiche möglicherweise aufteilen wird. HVAC wächst, Türen nicht. HVAC ist innovationsgetrieben, Türen nicht. 

H1/22 war nicht gut – Arbonia wurde von höheren Input-Kosten mehr getroffen als die Konkurrenten. Diese höheren Materialkosten konnten nicht sofort weitergegeben werden, man erwartet dies aber für H2/22 – die Beschaffungskosten werden aber hoch bleiben. Inflation beflügelt die Renovation und behindert den Neubau – der Produktmix geht zu 2/3 in die Renovation. Positiv.

Das starke Wärmepumpen-Wachstum in Deutschland (37 % CAGR 2019 – 22) wird mit einer neuen Produktion in Opocno (CZ) eingefangen. 2022 werden 6000 Wärmepumpen gefertigt und hat momentan eine Kapazität von über 10k, bis 2024 bei rund 20k. Die Produktion 2022 und 2023 ist übrigens bereits ausverkauft.

Eine hohe Nachfrage herrscht nach der Redox-Flow Batterie: 150 6kWh-Einheiten wurden als Test-Versionen installiert. 2023 starten 10kWh-, 2024 15kWh-Versionen, die Serien-Produktion startet 023 in Stribro (CZ).

Im Bereich Türen führten Materialengpässe und höhere Materialpreise, die im H2/22 kompensiert werden dürften, für Schwierigkeiten.

Die Nachfrage-Seite bleibt gut: Deutschland wird bis 2026 EUR 14.5bn in den Bau von Sozial-Wohnungen, rund 100k neue Wohnung/Jahr, investieren. Bereits heute können keine neuen Kunden in Deutschland angenommen werden.  Bemerkenswert ist die neue ‚Combined Heat and Power Plant Prüm’ für die Verbrennung von Holzabfällen, wofür man bisher bezahlte.

Das Ziel ist eine möglichst hohe Eigenproduktion von Energie (100 % Wärme, 60 % Strom).

CFO Wüest erlaubte sich auch eine politische Aussage: die von BR Sommaruga angetriebene Wärmepumpen-Förderung durch den Bund sei unnötig, da Nachfrage nach Wärmepumpen bereits hoch sei und nur die Nachfrage weiter erhöhe, was aber auf ein sehr limitiertes Angebot treffe – das Resultat sei einzig ein inflationärer Effekt und verkürze die Lieferfrist nicht. 

Mein Fazit: Die Arbonia-Aktien sind mit einem EV/EBITA von 5.6x nicht teuer, haben aber aus meiner Sicht nur Fantasie, wenn der Markt über einen Verkauf des Türen-Bereiches nachzudenken beginnt. Alexander von Witzleben, aus meiner Sicht ein CEO-Gigant, hat im April 2022 sein Amt abgegeben, bleibt aber natürlich als exekutiver VRP erhalten. Die operative Führung besteht aus CFO Wüest und den beiden Divisionsleitern HKL und Türen – eine Indikation, dass mein Hirngespinst möglicherweise nicht ganz abwegig ist?

Belimo wird von den Megatrends Innenraum Luft-Qualität und Energie-Effizienz sowohl in neuen Gebäuden als auch bei Renovationen weiterhin stark angetrieben – Luftqualität wurde seit Corona zum Mainstream-Topic. CFO Markus Schürch überzeugte einmal mehr mit einer faktenbasierten, unaufgeregten Präsentation.

Daten-Center scheinen eine zunehmende Bedeutung zu gewinnen, aber auch der Gesundheitssektor, Schulen und die Pharma-Industrie werden laufend relevanter.

40% der Energie in Gebäuden wird für HVAC gebraucht, eine Belimo-Automatisierung führt zu 44 % Energie-Einsparnissen, nachvollziehbar daher das MSCI ESG Rating AA.

Nachdem sich der Umsatz zwischen 2002 und 2021 fast vervierfacht hatte, folgt nun die zweite Phase der Wachstumsstrategie: im Sensorgeschäft, das erhebliches Wachstumspotenzial aufweist, ein Marktanteil von 10 % bis 2025; in APAC, der Region mit den höchsten Wachstumsraten, gilt es, die Präsenz in den Fokusmärkten China und Indien zu erhöhen.

Insbesondere Indien hat enormes Potenzial, hier herrschen noch immer alte, mechanische Lösungen vor. Der Belimo-Hauptsitz in Mumbai dient als Showcase, mit einer Energieeinsparnis von 50 %. Digitalisierung und Retro Fit+ sind weitere wichtige Parameter im Wachstumsschub.

Belimo sieht konjunkturelle Zyklen eher als Chance und hat in der Vergangenheit von Schwächephasen profitiert, da man durch hohe Service-Qualität und tiefe Lead-Times die Kunden langfristig an sich binden kann. CFO Schürch zeigte sich vorsichtig optimistisch, dass man unbeschadet über den Winter kommen wird.

Mein Fazit: Belimo ist zweifellos eines der besten Unternehmen im Schweizer SMC-Segment. Die Präsentation war wie immer sehr solide und zeigte auf, wieviel Qualität im Unternehmen steckt. Insgesamt profitiert Belimo von Klima-, Energie- und Luftqualitätsdiskussionen – das ist der unterliegende Megatrend. Nun zündet man wie beschrieben eine weitere Wachstumsphase. Die Frage lautet nicht, ob man Belimo ins Depot nimmt, sondern nur wann – der Zeitpunkt rückt nun sehr nahe.

Mit SKAN hat die Schweizer Börse im letzten Herbst eine wahre Perle dazugewonnen: 5x grösser als die No. 2, ein Marktanteil von 20 – 30 %, Technologie- und Innovationsführer, hohes Marktwachstum, hohe Eintrittsbarrieren, lange Kundenbeziehungen (>1000), ein unternehmerisches Management unter CEO Huber und CFO Maraj, 50 – 60 % Order wins – sogar bei ESG punktet man, denn die SKAN-Isolatoren benötigen 20x weniger Energie als herkömmliche Reinräume.

Und als Sahnehäubchen ist das NWC noch negativ, da die Kunden Vorauszahlungen von mind 30% leisten.

Die Segmente Equipment & Solutions (76 % Umsatz, Marge 5.3 %) und Services & Consumables (24 % Umsatz, Marge 19.2 %) sollen in einigen Jahren den gleichen Beitrag an den Umsatz leisten – es braucht keinen Dreisatz, um erkennen zu können, was das für die Gruppen-Marge heißen würde….

Im Moment wächst der Markt mit rund 24 % zwar schneller, aber SKAN will sich auf qualitativ hochstehendes Wachstum konzentrieren. Die Guidance sieht ein Umsatzwachstum von 15 – 18 % (‘mid to upper teens’) voraus. Die Margen waren durch Personalzugänge und Entwicklung 2019-21 noch unter der mittelfristigen Guidance von 13 – 15 % – doch das dürfte sich bereits im laufenden Jahr ändern.

Mein Fazit: alle Parameter sind sehr stimmig, insb. das angepeilte Wachstum vom hochmargigen Services & Consumables-Geschäft. Einziger Caveat ist die Bewertung: 40x…

Neben Firstsolar ist Meyer Burger der einzige Hersteller von Solar-Modulen in der westlichen Welt. Die Transformation von einem PV-Maschinenbauer zu einem PV-Modul- und Zellen-Hersteller ist kein Pappenstiel und der Prozess dauert unter CEO Gunter Erfurt noch immer an. Doch man sieht sich unter den Top 3 der besten Solar Modul-Hersteller. Selbstvertrauen ist nie schlecht.

In diesem Prozess kann man sich auf einen Markt stützen, der rund 17% wächst und noch auf Jahre hinaus nicht gesättigt sein wird.

Solar-Module haben sich massiv verteuert, v.a. durch die höhere Nachfrage sind die Lieferketten angespannt. Trotz diesen Engpässen kam es bei MB zu keinem Produktionsstop.

MB hat Waren von rund CHF 61m (mehrheitlich unverarbeitete Rohmaterialien) per H1/22 in der Bilanz – doch diese werden nun laufen verbaut, denn man ist mit Allokationen bis im 2. Quartal 2023 ausgebucht.

Die geplante Produktionskapazität sieht für 2022 1GW, 2023 1.4GW und 2024 einen Anstieg auf 3GW vor.

Der Fokus auf das hochwertigste Residential-Segment, mit hoher Qualität und ansprechender Optik (Wiedererkennungswert von schwarzen Modulen), Made-in-Germany/Engineered-in-Switzerland Stempel scheinen mir wichtige Parameter zu sein.

Mein Fazit: Gute Präsentation, wo MB heute in der Produktion steht – aber leider keine Zahlen…Die Finanzierung scheint mittelfristig gesichert zu sein, doch eine weitere Kapitalerhöhung im nächsten Jahr schliesst man nicht aus.

Ich muss es zugeben: ich war ein großer Evolva-Unterstützer, finde die Produkte äußerst innovativ und wertvoll, auch wenn sie bisher kaum Umsatz generieren. Zudem schien mir das Management den richtigen Weg zu gehen – mit Ausnahme der Equity Line bei Nice & Green. Diese führt zu konstantem Druck auf den Titel und die kleinste Good News wird sofort mit Verkäufen aus diesem Hause genutzt. Das ist nachvollziehbar, denn das ist das Geschäftsmodell von N&G.

Nun sah ich zum ersten Mal das ‚neue‘ Management um Christian Wichert. ‚Neu‘ deshalb, weil CFO Däweritz ja schon einmal den Bettel hingeworfen hatte, dann aber nach dem Rauswurf von Oliver Walker zum Bleiben ‚motiviert‘ wurde. Commitment und ‚all hands on deck‘, wie in der Präsentation zu lesen ist, scheint mir da ein bisschen gesucht.

Aber am meisten enttäuschte mich das Fehlen von konkreten Ansätzen, wie man denn nun die Topline höher stemmt, denn da liegt der Hase im Pfeffer. Der Beweis, dass man verlässlich hohe Volumen an namhafte Kunden liefern kann, den Schritt aus dem Labor in die skalierbare Herstellung schafft.

Der Hinweis, dass man im 1. Halbjahr die Erwartungen erfüllt habe, schien mir doch etwas durchsichtig, denn das jetzige Management hat einfach die Früchte des Vorgängers geerntet.

Und die finanzielle Situation bleibt weiterhin angespannt: 7.4m Cash Ende H122 stehen Investitionsbedarf von 15m gegenüber. Die N&G-Terms sehen vor, dass man bei CHF 0.07 die Equity Linie streichen wird – wer bringt dann wohl neues Geld in das Unternehmen? Die Aktionäre wohl eher nicht, denn die Verwässerung wäre da auf einem Niveau, das seinesgleichen sucht in der Schweizer Firmengeschichte.

Mein Fazit: Ich vermisste konkrete Schritte in der Präsentation und befürchte, dass man in dieser Geschichte das dicke Ende noch nicht gesehen hat….

‚Serving inspiration’ – diesen Aryzta-Slogan haben VRP/CEO Urs E. Jordi und CFO Martin Huber auch an ihrer Investora-Präsentation vorgelebt: am selben Tag, als die ZKB-Rückstufung den Titel bis zu 15% ins Minus schickte, schienen beide nicht im Geringsten beunruhigt, sondern zeigten in gewohnt klarer und nachvollziehbarer Art und Weise, wie sie ihre Pläne in Realität umsetzen.

Er lud die Anwesenden ein, sich an der Bilanz-PK zum FY22 vom 3. Oktober ein eigenes Bild zu machen – in meinen Augen ein klarer Hinweis, dass auch dieses Zahlen-Set die großen Fortschritte aufzeigen wird.

Neben der Vorstellung des Geschäftsmodelles ging es im Besonderen um die Weitergabe der höheren Beschaffungskosten, denn insbesondere Mehl und Butter haben sich seit ihrem Amtsantritt vervielfacht: Preis-Erhöhung finden nun frequentierter, wohl gar monatlich statt, sind mit sog.

Floatern und Energiekosten-Parametern versehen. Das Ziel, den Gas-Verbrauch um 15 % zu senken sei bereits erreicht – doch Urs Jordi geht nicht davon aus, dass es in Europa zu einem Gas-Engpass kommen werde. Dafür seien die Reserven zu hoch.

Verbesserungsprogramme, die Vereinfachung der Rezept-Strukturen, globale Einkaufsbündelung, die Straffung/Vereinfachung des End-to-end-Prozesses und PCS (Performance Control System), das Fortschritte laufend prüft und die Effizienz erhöht, das lokale Management stärkt und gezielt die Conversion-Ratio (indirekte variable und fixe Herstellungskosten) verbessert, vereinfachen die Führung aus dem Aryzta-Cockpit und wird zu 3 – 5 % Effizienzsteigerungen führen. 

Die Schere zwischen Umsatz und Kosten öffnet sich und es resultiert eine höhere Marge, ein höherer ROIC. FCF verdoppelt sich von 2022-2025 und erlaubt es, die Kapital-Struktur deutlich zu verbessern. Denn Jordi liefert, was er kommuniziert, und hat damit ein großes Vertrauen in die Guidance geschaffen.

Aryzta gefällt – VRP/CEO Urs Jordi hat das Unternehmen fundamental ‚de-risked‘. CFO Martin Huber, ehemals Nespresso-CFO, hat eine ausgesprochen hohe Auftrittskompetenz, so dass ich nicht überrascht wäre, wenn er in nicht allzu ferner Zukunft die CEO-Rolle übernimmt und Urs Jordi sich als VRP dezidiert auf die strategische Ausrichtung von Aryzta konzentrieren kann. Der 20 %-Drop in den letzten Tagen bietet eine hervorragende Einstiegschance.

Bis demnächst,

Stephan

ZOOM-KÄFELI

Gerne können wir über die erwähnten Punkte in einem Zoom-Käfeli ins Detail gehen – ich freue mich, von Ihnen zu hören!

Stephan Sola

Stephan Sola

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