Sola’s Meinung zum Schweizer Aktien-Markt (Episode 12)

Inhaltsverzeichnis

*** Plutos – Schweiz Fund Update ***

*** Pierer Mobilty: From Zero to Hero***

*** ams Osram’s Weg zurück***

*** U-blox: GARP at its best***

*** GAM: Sola auf dem Holzweg***

Pierer Mobility Group – from Zero to Hero Ende 1991 war KTM der bis dahin größte Konkurs in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Als Dr. Stefan Pierer KTM Ende 1991 mit einem Bar-Scheck und einer Bankgarantie übernahm, galt es vorab, das Unternehmen wieder auf eine solide Basis zu stellen, die Arbeitsplätze zu retten und einen Plan für die Zukunft zu erarbeiten. Etliche Schwierigkeiten, Hürden, aber auch stetiges Wachstum später steht die Pierer Mobility Group AG als ein Vorzeige-Turn-Around da.

CEO Stefan Pierer, CSO Hubert Trunkenpolz, ein Nachfahre der KTM-Gründer, der auch heute noch die Pioniere im Verwaltungsrat vertritt und ihr Team haben das Unternehmen in 30 Jahren zurück zum Erfolg geführt. Mitte Mai habe ich die Pierer Mobility AG in Mattighofen besuchen können – zwei Tage, die perfekt organisiert, überaus beeindruckend, aufschlussreich und inspirierend waren.

Seit 2007 besteht eine starke strategische Partnerschaft mit der indischen Bajaj Group, 2013 kam eine Kooperation mit dem chinesischen Familienunternehmen CFMOTO für den Vertrieb von KTM und Husqvarna in China dazu. Die Kombination von hohem US-Anteil, der Vernetzung in den starken Wachstumsmärkten China und Indien, aber auch unterschätzten Regionen wie Südamerika und natürlich dem Fakt, dass Pierer sowohl Motorräder mit Verbrenner- als auch Elektromotoren und „normale“ sowie E-Bikes herstellt, macht das Unternehmen für viele Szenarien kompatibel. 

Solas Fazit:  Obwohl die Pierer Mobility Group AG seit 1992 mit einem CAGR von 15,5 % wächst und die EBIT-Marge an der 10 %-Marke liegt, fristet die Aktie ein „Mauerblümchen-Dasein“. Trotz gutem Wachstum und steigenden Margen mit PE 15x und EV/EBITDA 7x ist sie noch immer günstig in der Bewertung. Dies ist eigentlich nur mit dem limitierten Free-Float zu erklären – der Plutos – Schweiz Fund hat eine erste Position erworben.

ams Osram‘s Weg zurück Kurz nach seiner Amtsübernahme am 1. April traf ich den neuen ams Osram-CEO Aldo Kamper zum Gespräch. Kamper hatte zuvor alle Produktionsstandorte besucht, um sich ein Bild zu machen und die Mitarbeiter treffen zu können. Die Motivation sei weiterhin hoch, die Mitarbeiter hätten Spaß am Job und wollten etwas bewegen, die Technologie-Faszination sei spürbar – aber auch eine gewisse Bedrückung.

Der Umsatzrückgang im Q1 sei schlicht zu groß gewesen, um die Marge positiv halten zu können – ein Skaleneffekt, den man nicht wegmanagen könne. Eine Sonderkonjunktur wie viele andere Halbleiter-Hersteller hatte ams nicht, was aber nicht dauerhaft anhalten werde. Eine Reallokation von Projekten in verschiedenen Bereichen sei möglich, die Projektliste werde nun bearbeitet. Der Cash-Bestand werde 2023 natürlich deutlich abnehmen, doch die Investitionen von rund EUR 600 Millionen würden über drei Quartale verteilt, was bekannt ist.

Ein größeres Consumer-Programm werde 2024 zudem helfen. Die Put-Option der Osram-Aktionäre, ausständig sind noch 18 %, steht noch bei etwa EUR 800 Millionen, werde aber nicht ausgeübt, da die Aktie OTC bei EUR 49 notiere, der Strike liegt bei 45,51, im Cash-Drain eingerechnet sind die EUR 45 Millionen Dividende im Jahr. Zudem dürfte das Gerichtsverfahren wohl noch 1,5 – 2 Jahre dauern. ams Osram könne die Kreditlinien über EUR 1,1 Mrd. jederzeit abrufen, man sei immer noch weit entfernt von einem Covenants breach.

Zur Vorauszahlung des „Großkunden“, könne man weiterhin nicht mehr sagen, man wird es in den Zahlen sehen, wenn es gebucht werde. MicroLED sei aber nicht nur bei Consumer, sondern auch im Auto wichtig. Die Kapazitätsunterauslastung dürfte im Q2 noch anhalten, v.a. wegen der Saisonalität des Consumer-Geschäftes. Kunden zeigten aber Bestellungen in H2 an. Zudem stabilisiere sich das Automotive-Geschäft.

Die Marge von Lamps&Systems sieht weiterhin gut aus – die Bereinigung habe geholfen, unterdurchschnittliche Bereiche wurden verkauft. Insbesondere das Ersatzteilgeschäft arbeite mit sehr guten Margen. Die klar zweistellige Marge dürfte also bestehen bleiben. Saisonal ist L&S stark in Q1 und Q4, in denen 17 % EBIT möglich seien, im Q2 und Q3 nicht. Aldo Kamper will sich zuerst ein detailliertes Bild machen, bevor man eine mittelfristige Guidance veröffentlicht.

Zur Erinnerung: ams Osram erwartet für Q2 23 einen Umsatz von €800-900 Millionen und eine EBIT-Marge von 3 – 6 %. Das Unternehmen geht jedoch davon aus, dass die Smartphone-Saisonalität im zweiten Halbjahr stärker ausfallen wird und dass sich die Auftragslage in der Industrie derzeit stabilisiert. Der Design-win des Sensing-sockets dürfte im Jahr 2024 einen Einfluss haben.Die Aussagen von Kamper’s Vorgänger, dass es 2024/25 keine micro-LED-Anwendung geben werde, bei der ams-Osram keine Rolle spiele, bestätigte der neue CEO klar: es gebe kein anderes Halbleiter-Unternehmen, das könne, was der Großkunde suche und ams Osram anbiete. 

Solas Fazit: ams Osram benötigt CAPEX von EUR 600 Millionen über Q2-Q4 2023 verteilt – dies kann man mit dem Cash bewältigen. Zudem sind weiterhin EUR 1,1 Mrd. an Kreditlinien offen. Auch die Vorauszahlung des „Großkunden“ könnte möglicherweise 2023 gebucht werden. Zudem wird Umsatz aus dem Sensor-Socket-Win im Jahr 2024 erwartet. Dies sowie die normale Cash-Generierung wird ams Osram über das Übergangsjahr 2023 (und teilweise 2024) führen. 2025 ist mit einem signifikanten Umsatzwachstum aus MicroLED zu rechnen. 

Die Spekulation um eine Kapitalerhöhung dürfte abgenommen haben: mit der GV-Einladung wurde annonciert, dass das genehmigte Kapital nicht verlängert wird. Dies deutet unserer Meinung nach darauf hin, dass eine KE nicht in Frage kommt. Die Einführung einer weniger exzessiven Managementvergütung und die Verknüpfung der Interessen des Managements mit denen der Aktionäre – der CEO muss Aktien im Wert von 300 % seines Grundgehalts besitzen – begrüßen wir sehr. Zudem wurde ams Osram in einem Artikel erneut als micro-LED-Partner von Apple genannt. Eine schon lange überfällige Höherbewertung war das Resultat. 

U-Blox: GARP at its best Stellen Sie sich folgende Szene vor: Sie fahren mit Ihrem Wagen mit 80 km/h durch den Gotthard. Im Tunnel hilft Radar und Lidar die Spur zu halten und nicht auf die Gegenfahrbahn zu gelangen. Beim Tunnelausgang in Airolo herrscht dichter Nebel, Ihr Vordermann bremst, wie das viele tun, und Sie erschrecken sich.

Um nicht aufzufahren, muss Ihr Wagen mit einer Sensorik ausgerüstet sein, die in Sekundenbruchteilen Lokation, Richtung, Geschwindigkeit und natürlich den Abstand zum vorderen Auto präzise ermittelt. Hier kommen Chip-Module von U-blox zum Zug, diese gehören zu den schnellsten und präzisesten am Markt. Ich traf CEO Stephan Zizala Mitte Mai in Thalwil zu einem Austausch. Der Markt für U-Blox-Lösungen wächst strukturell sehr gut, denn es gibt einige starke, unterliegende Wachstumstreiber: vernetzte industrielle Anwendungen, Anlagenverfolgung, Sensordaten in Echtzeit, Automatisierung der Industrie, der Bau und Landwirtschaftsgeräte, aber auch Lieferroboter und natürlich das autonome Fahren. 

Die Wachstumslevels sind aber tatsächlich unterschiedlich: der Industrie-Markt mit zig Applikationen wächst z.B. rund 35 % (Positioning), andere Bereiche weniger, aber insgesamt gut zweistellig.Stephan Zizala führt U-blox nicht mit einem kurzfristigen Horizont, denn die Wertschöpfungsketten sind z.T. länger. Eine bessere Performance, höhere Genauigkeit, Schnelligkeit sind wichtige Unterscheidungsmerkmale – aber ease-of-use wird viel wichtiger. U-Blox hat bereits Subsysteme mit Services, was es Kunden vereinfacht mit U-Blox zu arbeiten.

Langfristig ist es aber mehr: in 3 – 7 Jahren wird autonomes Fahren wichtig – GNSS ist dafür eine sehr gute Lösung. Verlässliche Positionsdaten sind unerlässlich für die funktionale Sicherheit – diesen hohen Standard kennt man bisher nur aus der Luftfahrt. U-Blox war hier früh und es ist ein wichtiger Werttreiber. U-Blox erzielt 20 – 25 % Umsatz in China. Der Hauptkonkurrent Quectel ist auch außerhalb von China ein Wettbewerber. Westliche Kunden fragen sich natürlich, ob ein chinesischer Anbieter Sinn macht.

Um sich für einen chinesischen Supplier zu entscheiden, müsste der Preis schon deutlich tiefer sein. Daher bestellen viele lieber bei einem westlichen Anbieter. Insgesamt kann man noch keine klare Aussage machen, aber Nearshoring wird zu Preisstabilität und Mehrumsatz führen. Auch das Stichwort Angriffsszenarien (z.B. bei Feuermeldern etc.) spielt eine gewisse Rolle. Qualcomm hat kürzlich die israelische Autotalks akquiriert. Autotalks war bisher auch U-blox Partner für V2X-Lösungen, doch es besteht kein Geschäft, das auf dem Spiel steht, da man bisher sehr wenig Geschäft mit Qualcomm/Autotalks macht.

Es sei zu begrüßen, dass Qualcomm Autotalks kaufe, denn dies unterstreiche das strukturelle Wachstum. Genauigkeit, Schnelligkeit, ease-of-use sei aber wie gesagt wichtig und er mache sich in dieser Hinsicht keine Sorgen um U-blox. Im noch kleinen Bereich drahtlose Dienstleistungen kauft U-blox Start-ups mit interessanten neuen Technologien, die man aufbauen will. Auch mit hohen Wachstumsraten benötigt es aber Zeit, bis diese Relevanz gewinnen. Doch Zizala sieht darin das Potenzial, das Unternehmen enorm positiv zu verändern, da wiederkehrender Umsatz aus dem Service-Geschäft anfällt. 

Die viel gerügte R&D-Kapitalisierung von noch 35 – 40 % war und ist ein Resultat der Entwicklung und keine Strategie. Pro Chip kostet die Entwicklung mittlere zweistellige Millionenbeträge, daher blieb es über die letzten Jahre konstant. Zizala kann heute nicht sagen, ob sich dies markant verändert. U-blox schaut sehr stark auf den Total Shareholder Return, daher wäre eine Kombination aus Dividende und Aktienrückkauf möglich, hier gibt es aber im Moment nichts Neues zu berichten. Als Growth-Company wäre eine kleinere Dividende eher interessant, da es noch viel zu konsolidieren gibt.

Am meisten Wert schafft man mit organischem Wachstum, aber M&A ist eine wichtige Option. U-blox ist noch weit weg von einem gesättigten Markt. Mittelfristig peilt U-blox eine EBIT-Marge bei 20 % an – der größte Hebel ist die Struktur des Geschäftes, eine Verschiebung des Mix: für einen pure-play Chiphersteller wären EBITDA-Margen um 20 % wenig, für einen pure-play Modulhersteller ist U-blox mit 27 % 2022 grandios. Investitionen in die jeweiligen Produkte würden dies anpeilen. Größen Vorteile (weniger R&D, mehr Umsatz), operative Perfektion sind weitere Parameter – und Größe bringt die Möglichkeit, Dinge mit mehr Durchschlagskraft anzugehen, z.B. mit größeren Sales-Teams.

Ob U-blox in Zukunft eher ein Modulanbieter oder zunehmend ein Chiphersteller sein wird, kann CEO Zizala heute nicht beantworten. Er übernahm nach einem Rekord-Resultat und U-Blox ist in der guten Situation, ohne Druck die richtige Richtung zu wählen. U-blox ist auch kein Turn-Around, bei dem man alles auf den Kopf stellen muss. Aber es wäre falsch, davon auszugehen, dass er nichts verändern wird: eine strategische Evolution ist der richtige Begriff – wo will man proportional mehr investieren, wo weniger. 

Auf eine möglicherweise engere Guidance-Breite angesprochen, meinte Stephan Zizala, dass er mir das ehrlich nicht sagen könne (und auch nicht dürfe), auch wenn das erste Semester schon fast vorbei sei. Wie genau sich die Top-Line entwickle, wisse man noch nicht. Die Visibilität zu Beginn des Jahres sei zwar nie besser gewesen als für H1, aber genauso unklar für H2. Dies sei eine Folge aus der Reduktion der Mindestbestellzeiten, die jetzt bei 12 – 20 Wochen liegen und zuvor 40 – 50 Wochen betrugen.

Das hat dazu geführt, dass man kurzfristig deutlich weniger Visibilität hat. Das H2 fällt in diese Periode. Neu rapportiert U-blox übrigens die Umsätze pro Quartal – zumindest mehr Visibilität für die Aktionäre. 

Solas Fazit: U-blox hat sich zum Marktführer mit einem Anteil von 60 % in der Automobilindustrie und 40 % in der industriellen Ortung gemausert. Das Unternehmen ist einzigartig positioniert, da es der einzige Anbieter von GNSS-Chipsätzen und -Modulen ist. Die Wettbewerber bieten entweder Chips oder Module an.

Wir gehen über den Zyklus weiterhin von gutem Wachstum zu steigenden Margen aus, was die Bewertung (5x EV/EBITDA, PE 10x 24e) nicht spiegelt. GARP („Wachstum zu vernünftigem Preis“) at its best – Neugeld wird in unsere noch dürftige U-blox-Position fließen.

GAM – Sola auf dem Holzweg Ich muss es klar zugeben – mit meinem letzten Beitrag zu GAM lag ich total schief: In der Ansicht, dass Liontrust mit einem fairen Angebot aufwarten würde, meinte ich, dass newGAM eher für Unruhe sorgen würde. Weit gefehlt – das Angebot in Aktien, ohne jeglichen Cash, ist schon fast unanständig.

Die regionale Liontrust erwirbt zum Schnäppchenpreis eine globale Struktur, will aber vorher noch das Fund Services-Geschäft veräußert bzw. verschenkt sehen. Da das GAM-Management und der VR insgesamt gerade mal CHF 300’000 in Aktien halten, scheint ihnen das Angebot durchaus legitim. Es wäre zu komplex, hier die Details meiner Arbeit darzulegen, aber soviel schon mal vorweg: ich hatte die Möglichkeit mit einigen der Protagonisten zu sprechen und ich bin mir ganz und gar nicht sicher, dass GAM die zwei Drittelmehrheit an der außerordentlichen GV erreicht…wird sicher interessant, denn: It ain’t over ‘til the fat lady sings!

Im Monat Juni läuft wieder einiges: wir besuchen Rieter an der ITMA Mailand, sehen viele Schweizer Unternehmen an der Stifel Swiss Equity Conference in Interlaken und planen, an der Intersolar in München die neueste Meyer Burger Produktinnovation zu begutachten. Feedback zu diesen und mehr Themen wie immer im nächsten Monatsbeitrag.

Bis demnächst,

Stephan

ZOOM-KÄFELI

Gerne können wir über die erwähnten Punkte in einem Zoom-Käfeli ins Detail gehen – ich freue mich, von Ihnen zu hören!

Stephan Sola

Stephan Sola

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