Episode #074

ETFs im aktuellen Marktumfeld | Steffen Leditschke

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Welche Bedeutung kann ETFs und Sparplänen im aktuellen Marktumfeld zugeschrieben werden? Was sind Nachteile des passiven Investierens? Auf diese Fragen geht der Leiter unseres Portfoliomanagements, Steffen Leditschke, im heutigen Podcast ein.

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Welchen Anteil haben ETFs und Sparpläne am Marktgeschehen?

Exchange-Traded Funds (ETFs) sind Anlageinstrumente in Form von Investmentfonds, die in der Regel einen Referenzindex nachbilden und deren Anteile an der Börse gehandelt werden. ETFs wiesen in den vergangenen Jahren sehr dynamische Wachstumsraten auf und sind damit an den Finanzmärkten zunehmend von Relevanz. Von 2005 bis zum Jahr 2021 wuchs das in ETFs verwaltete Vermögen von 417 Milliarden auf über 10 Billionen an, was einer Steigerung von etwa 2300 % entspricht.
Altersvorsorgeprodukte und systematische Strategien sind dabei zwei treibende Kräfte. Schon jetzt werden viele 401(k)-Sparpläne (ein Vehikel für die private Altersvorsorge in den USA) – ein Markt der laut ICI immerhin 6,7 Billionen US-Dollar groß ist – passiv abgebildet. Nettozuflüsse werden vor allem in Indexfonds investiert. Während die ältere Generation, die jetzt in Rente geht, noch überwiegend aktive Fonds bespart hat, setzt die jüngere Generation bei der Altersvorsorge stärker auf passive Produkte. Hinzu kommen die Zuflüsse bei den sogenannten Robo-Advisor-Lösungen, welche aufgrund der geringen Kosten auf Indexfonds zurückgreifen.

Welches sind die bedeutendsten Anbieter und wie ist ihr Einfluss?

Durch diese Entwicklung sind Indexfonds und ETF-Anbieter zu den größten Vermögensverwaltern der Welt aufgestiegen, sodass bei neun von zehn Unternehmen aus dem S&P 500 die Namen BlackRock, Vanguard oder State Street als größter Einzelaktionär zu finden sind. Diese drei Anbieter dominieren den Markt mit einem Anteil von über 80 % am Gesamtvolumen. Mit den gehaltenen Aktien liegen die Stimmrechte bei den Anbietern und nicht mehr bei den Einzelinvestoren, sofern es sich um physisch abgebildete ETFs handelt. Verleihen die Anbieter Aktien, um die Kosten weiter zu reduzieren, werden auch die Stimmrechte der Aktien verliehen. Ob die Anbieter die Stimmrechte zur Einflussnahme auf die Unternehmen nutzen und welche Ziele diese dabei verfolgen, unterliegt in den meisten Fällen keinen Vorgaben. Die meisten ETF-Anbieter geben jedoch an, ihre Stimmrechte im Sinne der Nachhaltigkeitskriterien wahrzunehmen. In den meisten Fällen scheint dies eine sinnvolle Vorgehensweise zu sein, für bestimmte Branchen kann dies aber auch große Risiken mit sich bringen.

Was sind die Nachteile des passiven Investierens?

Passives Investieren begünstigt eine ineffiziente Kapitalallokation: Die Anleger investieren damit verstärkt in die Aktien, die bereits sehr gut gelaufen und daher hoch gewichtet sind, und setzen darauf, dass sich diese Trends auch fortsetzen. Bei Anleihe-ETFs investieren Anleger insbesondere in Anleihen jener Unternehmen, die die höchsten Schulden haben und dadurch sogar überproportionale Risiken aufweisen. Umgekehrt werden beim Verkauf der ETFs alle Bestandteile unabhängig von der Bewertung verkauft. Es gibt dabei also niemanden, der schlechte Anlagen abstößt oder gute auswählt. Unternehmen, die Dividenden auszahlen, werden „bestraft“. Denn ein Indexprodukt reinvestiert die angefallenen Dividenden nach Marktkapitalisierung. Ein dividendenzahlendes Unternehmen erhält folglich nach dem Dividendentermin proportional weniger Nachfrage nach seinen Aktien als Unternehmen, die keine Dividende gezahlt haben. In einem Umfeld aus überwiegend passiven Anlegern würden somit die größten Unternehmen profitieren und nicht unbedingt die besten.
Passives Investieren beeinflusst die Informationseffizienz der Märkte:
Bricht der Aktienkurs eines Unternehmens nach Bekanntgabe eines großen Skandals ein, liegt das daran, dass aktive Investoren verkaufen. Steigt die Aktie eines Unternehmens, wenn es ankündigt, in einen profitablen Markt einzusteigen, dann liegt das daran, dass aktive Investoren kaufen. Passive Anleger hingegen ignorieren Geschäftsberichte und Marktgerüchte. Mit dem abnehmenden Anteil aktiver Anleger wird immer weniger Research betrieben und die Informationseffizienz sinkt. Die Korrelationen zwischen einzelnen Indexbestandteilen nehmen mit dem Anteil passiver Anleger zu.
Passives Investieren verändert die Marktliquidität: Die Benchmarks der passiven Vehikel werden auf Basis von Schlusskursen abgerechnet, sodass die Anbieter der ETFs versuchen, möglichst viele Transaktionen zur Schlussauktion durchzuführen. Das führt folglich zu weniger Liquidität zum Opening und zu einer Verzerrung der Schlusskurse.
ETFs sind einer der Treiber von zunehmend extremen Marktbewegungen: Neben vielen weiteren Faktoren, wie beispielsweise dem High-Frequency-Trading, könnten ETFs zu den extremen Bewegungen beitragen, die sich vermehrt an den Börsen beobachten lassen. Die Möglichkeit der Anleger durch wenige Klicks ein komplettes Portfolio zu liquidieren oder innerhalb weniger Sekunden große Käufe zu tätigen, kann gerade in den hochgewichteten Positionen der Indexfonds zu schnellen Ausschlägen bei Einzeltiteln oder auch dem Gesamtmarkt führen. Schließen sich zu viele Anleger einer Bewegung an, könnte es zu Schwierigkeiten bei der Liquidität kommen, was die Märkte zusätzlich belastet.

Wie lautet ihre Schlussfolgerung?

ETFs sind eine gute Lösung für Kleinanleger, die unkompliziert und kostengünstig in die Aktienmärkte investieren wollen. Um in bestimmte Branchen oder Regionen zu investieren, eignen sich ETFs besonders gut. Aufgrund der zuvor genannten Gründe dürfen mögliche Risiken jedoch nicht vernachlässigt werden. Besonders in wirtschaftlich schweren Zeiten, in denen viele Anleger dazu neigen ihr Kapital von den Börsen abzuziehen, kann ein gewisses „Klumpenrisiko“ im Markt der passiven Geldanlage nicht ausgeschlossen werden.

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