Episode #041

„Gold, Ölwerte, USA oder Europa“ | Kai Heinrich im Interview

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„Man muss die Anlagestrategie nicht nach Putin ausrichten, sondern nach den Trends,“ sagt Fondsmanager Kai Heinrich von Plutos. Doch wie gut lässt sich der aktuelle Markt überhaupt analysieren? Wie stellt sich Plutos auf bei den Themen Gold, Rohstoffen, Ölaktien, Rüstung, USA oder Europa? Mehr dazu im Interview mit Kai Heinrich, Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG.

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Würden Sie sagen, dass man seine Anlagestrategie nach Herrn Putin ausrichten muss?

Herr Heinrich ist nicht der Meinung, dass man seine Anlagestrategie nach Herrn Putin ausrichten muss, aber man muss sie nach den Trends ausrichten. Die Frage ist, in welchen Sektoren ist aktuell eine relative Stärke oder auch eine relative Schwäche. Welche Charts beziehungsweise Trends sehen gut aus. Es gab da eine Abmilderung des Marktes in der technischen Analyse und somit wurden Positionen in Rohstoffaktien aufgebaut. Durch die Ereignisse ist das natürlich verjährt worden. Die Aussage von Herrn Heinrich war bewusst so gewählt worden, da die Plutos Vermögensverwaltung AG in Anbetracht der technischen Analyse und relativen Stärke einzelner Sektoren glaubt zu sehen, was gemacht werden muss.

Sie haben kürzlich in Ihrem Blog einen Artikel über Trends und technische Analyse vs. Fundamental Analyse veröffentlicht. Ich habe mich gefragt, funktioniert denn überhaupt irgendwas momentan? Kann man diesen Markt analysieren?

Herr Heinrich würde darauf wie ein Jurist antworten: es komme darauf an, auf welches Zeitfenster man das Ganze sehe. Natürlich ist es so, dass Sie erfahren haben, wo die gängigen Methoden nicht so gut oder nicht funktionieren. Die Plutos Vermögensverwaltung AG legt aber nicht auf drei Wochen an, denn sie sind ja keine Daytrader, sondern Investoren. Herr Heinrich bezieht sich auf das Zitat, dass Börse und Wirtschaft wie Herr und Hund seien. Der Hund symbolisiere die Börse bzw. die Aktienmärkte, mal laufen sie vorneweg, mal laufen sie hinterher, aber irgendwann kommen sie zum Herrn zurück. In so einer Phase kann man sagen, dass der Hund weit zurückbleibt, aber er kehrt irgendwann wieder zurück und Herr Heinrich ist der Meinung, dass das für beide Analysemethoden gilt. Es ist schwer zu sagen, das eine sei besser oder schlechter. Es sind unterschiedliche Methoden, die in unterschiedlichen Phasen gut funktionieren. In dieser Phase gab es Werte, die waren in panikartigen Reaktionen einfach „billig“ und dann kaufbar, so waren Rohstoffwerte zu Beginn des Konfliktes auf einem sehr niedrigen Bewertungsniveau. Fundamental analytisch gesehen, hätte man da schon kaufen können, ohne über den Konflikt Bescheid zu wissen. Von der technischen Analyse her war zu sehen, dass die Aktien angefangen haben relative Stärke aufzubauen. Das hätte auch ein Grund sein können, dort zu investieren. Dann ist bedauerlicherweise der Konflikt der Katalysator dafür gewesen. Deswegen ist Herr Heinrich der Meinung, beide Analysen hätten ihre Berechtigung, und klar würden sie zwar nicht Tag genau, aber schon auf eine mittlere bis lange Sicht funktionieren.

Ölwerte, Rohstoffwerte, Rüstungsfirmen sind sehr gut gelaufen. Gerade Ölwerte waren sehr niedrig, weil alle sie gescheut haben. Dann hat sich der Wind gedreht und jetzt wollen alle Ölwerte, Rüstungsfirmen usw. Ist das diese kurzfristige Sicht oder wie ist das jetzt zu bewerten?

Bei Rüstungswerten ist Herr Heinrich eher zurückhaltend, die kauft er generell nicht. Plutos Vermögensverwaltung AG ist zwar kein klassisches Nachhaltigkeitshaus, aber Herr Heinrich hat noch nie Rüstungswerte bei Depots und Fonds gekauft. Aufgrund der Nachhaltigkeit wurden diese Werte von vielen professionellen Investoren gemieden, weshalb auch die Bewertungen niedrig waren. Trotz der Motivation, auf alternative Energien umzustellen, war offensichtlich, dass Öl noch eine Weile benötigt werden würde. Nun ist die Nachfrage hoch, das Angebot ist niedrig, weil nicht investiert worden ist. Das wird sich wieder angleichen, sodass man in den nächsten Jahren da schon investiert sein kann. Bei Ölwerten wie zum Beispiel Exon ist es dagegen so, da werden die Konzerne wieder mehr in die Förderung investieren und da ist die Frage, wer von diesen Investitionen investieren wird und das sind eher die Zulieferbetriebe.

Die Inflation ist so hoch wie seit Jahren nicht und wenn wir dann auch noch in der Rezession sind, kann man nicht mehr nur von Stagflation sprechen, sondern von etwas viel Schlimmerem. Sehen Sie ein solches Szenario kommen?

Das Risiko ist laut Herrn Heinrich mit Sicherheit da. Die Politik tut so, als wäre das alles vom Himmel gefallen. Viele Experten haben schon letztes Jahr gesehen, dass wir keine vorübergehende Inflation haben, unabhängig von dem, was nun in der Ukraine passiert oder auch was die Embargos gegen Russland angeht. Herr Heinrich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass entgegen aller Aussagen die Inflation gewollt sei, weil das eine einfache Entschuldung der Staaten möglich macht. Wir haben große Geldschwemme, die Lieferketten sind gestört. Wir hätten auch ohne den Krieg eine höhere Inflation bekommen, wenn auch auf einem niedrigeren Niveau. Es müssen keine neuen Begriffe gefunden werden, ein solches Szenario gab es bereits in den 70er Jahren im Rahmen des Ölpreis-Schocks. Da hatten wir eine hohe Inflation und ein schwaches bis gar kein Wachstum. Das ist aus mehreren Gründen nicht schön, es vernichtet Arbeitsplätze. Wir neigen dazu, in den Vollkatastrophen zu denken. Wir haben das Szenario auch überlebt, es wird nun für alle schwierig werden, die nicht in der Lage sind, einen Inflationsausgleich zu schaffen. Und das sind wieder die, die sowieso nicht viel haben.

Die Krisenwährung Gold: Wie positionieren Sie sich? Haben Sie aufgestockt?

Wir haben minimal aufgestockt, aber nicht viel, weil Gold ja bei uns über die ganzen Jahre immer eine strategische Position gewesen ist. Der Grund dafür ist, dass die Plutos Vermögensverwaltung AG das Thema der Geldentwertung schon länger sieht. Gold ist nicht nur für die Krise da, Gold stellt die ultimative Währung, den ultimativen Schutz dar. Vor 200 Jahren konnte man schon mit Gold einen guten Herrenanzug kaufen und daran hat sich bis heute nichts geändert. Mit Gold werden Sie nicht real reich, aber Sie erhalten Ihre nominale Kaufkraft, insbesondere in Phasen mit einer höheren Geldentwertung. In dieser Phase sind wir aktuell mit Sicherheit.

Europa oder USA: Wie würden Sie sich zum aktuellen Zeitpunkt positionieren?

Wir haben tatsächlich die Höhergewichteten in Europa zu Beginn des Konfliktes zurückgefahren und sind wieder mehr in US-Werte investiert. Das hat die von Ihnen genannten Gründe. Dazu kommt die Inflation und wie die jeweiligen Notenbanken darauf reagieren. Die amerikanische Notenbank geht deutlich konsequenter vor wie die europäische. Wir sehen auch einen stabileren Dollar als Euro und in Kombination mit der weiteren Entfernung zum Konflikt, mit vielen Geschäftsmodellen, die nicht so zyklisch sind, wie es bei vielen europäischen Unternehmen der Fall ist, spricht das trotz der höheren Bewertung in den USA momentan eher dafür, nur in Aktien investiert zu sein.

Welche Branchen bevorzugen Sie beim Aktienkauf?

Noch zieht es die Plutos Vermögensverwaltung AG noch nicht in den Weltraum, auch wenn das mit Sicherheit irgendwann mal ganz spannend sein wird. Tatsächlich haben wir in den letzten Wochen die großen Techs, die wir zwischendrin reduziert hatten, wieder aufgestockt. Ansonsten ergaben sich gute Dividendenwerte, die Rohstoffgewichtung wurde ein bisschen reduziert und wir haben Gewinne mitgenommen. Insgesamt haben wir eine Mischung aus Rohstoffen, defensiven Dividendenzahlern und jetzt wieder einigen großen Tech Aktien.

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