Episode #044

Ende des Immobilienbooms? Platzt jetzt die Blase? | Thomas Brand

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In dem heutigen Finanzpodcast hören Sie unseren Finanzierungsspezialisten Thomas Brand. Er geht dabei auf die Frage ein, ob ein Ende des Immobilienbooms in Sicht ist. Viel Spaß beim Zuhören.

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Immobilienpreise und deren Entwicklung

Gemeinsam mit unserem Finanzierungsspezialisten Thomas Brand besprechen wir heute das Thema „Immobilienpreise und deren Entwicklung“.

Wir hinterfragen die Warnungen verschiedenster Experten vor einem möglichen Platzen einer Immobilienpreisblase.
Die Bundesbank befürchtet, dass die Finanzmarktstabilität angesichts steigender Risiken in der Wohnimmobilienfinanzierung gefährdet sei.

Was hat es damit auf sich?

Fakt ist, dass in Deutschland flächendeckend, aber vor allem in großen Städten wie Frankfurt, Stuttgart oder München, die Preise für Wohnungen und Häuser in den vergangenen Jahren kontinuierlich und mit hohen Wachstumsraten angestiegen sind. Allein für das vergangene Jahr meldet das statistische Bundesamt einen Anstieg des Häuserpreisindex um 11 % gegenüber dem Jahr 2020. Die Mieten für Wohnungen stiegen im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 3,7 %.

Zinsanstieg und Wachstumsrate

Eine der Hauptursachen ist die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank:
Ihretwegen bewegten sich die Zinsen für Immobiliendarlehen auf dem niedrigsten Niveau aller Zeiten und die Nachfrage scheint keine Grenzen zu kennen, was zu einer nie da gewesenen Kaufpreisrally führte.
Diese könnte jedoch mit dem aktuellen Zinsanstieg enden. Zwar hat die EZB den Leitzins nicht erhöht und sie wird ihn vermutlich im Laufe des Jahres auch weniger erhöhen als die amerikanische Notenbank FED, aber auch ohne die EZB werden Baukredite aktuell zunehmend teurer. Hierfür gibt es vorwiegend drei Gründe:

1.) Die Inflation scheint uns länger erhalten zu bleiben, als uns lieb ist

2.) Im Fahrwasser steigender US-Zinsen verteuern sich europäische und damit auch deutsche Zinsen &

3.) steigende Renditen führen zu Margenausweitungen bei Banken – doppelter Effekt

Vor allem deshalb haben sich in den vergangenen vier Monaten die Zinsen für Baufinanzierungen erhöht, die zuvor bei zehnjähriger Zinsfestschreibung noch unterhalb der 1 % Marke abgeschlossen werden konnten. Mittlerweile ist der Zins um ca. das 1,5- fache und merklich über die 2 % Marke angestiegen.

Nachfrage- oder Preisrückgang?

Doch führt dies auch zu Nachfrage- oder Preisrückgängen? In den nächsten Wochen erwarten wir aufgrund von Torschlusskäufen und Inflationssorgen weiterhin eine große Nachfrage nach Immobilien.

Zudem geben im Baugewerbe Personal- und Materialengpässe den Ton an und haben mit Sicherheit das Potential, die Preisrally am Leben zu halten.

Erst wenn die Baukosten stagnieren und die Lücke zwischen Nachfrage und tatsächlichen Fertigstellungen geschlossen ist, kann es aus meiner Sicht zu einem Stillstand oder Rückgang der Immobilienpreise und der Mieten kommen.

Nebenbei bemerkt: Der von der Bundesregierung geplante Bau von jährlich 400.000 Wohnungen scheint angesichts der hohen Auslastung im Baugewerbe und der teilweisen Knappheit von Baumaterialien aktuell nicht erreichbar.

Gleichwohl sollte der aktuelle Zinsanstieg zu einem Rückgang der Nachfrage im mittleren Einkommenssegment, speziell bei den Eigennutzern, führen. Selbst für überdurchschnittliche Einkommensempfänger werden die aktuellen Preise oftmals nur mit Unterstützung innerhalb der Familien in Form von Eigenkapitalschenkungen zu bezahlen sein.

Ein Rückgang ja – ein Einbruch ist jedoch nicht zu erwarten, denn Zinsen in der Spanne zwischen 2 und 3 % sind weiterhin günstig. Aus Sicht der Banken kann hier die aktuelle Entwicklung sogar als entgiftend bezeichnet werden, denn die Zinsmargen bei den „niedrigst“ Zinsen der vergangenen Jahre sind auf Dauer für deren Geschäftsmodell nicht ausreichend.

Gefährdung der Finanzmarktstabilität?

Durch die Stichworte Banken und Kreditvergabe komme ich nun zu dem entscheidenden Gesichtspunkt, der aus meiner Sicht das Platzen einer Immobilienpreisblase verursachen würde: Eine eventuelle Gefährdung der Finanzmarktstabilität.
Sie war es auch, die vor 13 Jahren in den USA zu einer globalen Finanzmarktkrise führte.
Auch damals waren die Preise über Jahre gestiegen, wofür ein expandierender Arbeitsmarkt, die Zuwanderung und ein kontinuierlicher Rückgang der Zinsen als Ursachen gefunden werden konnten. Charakteristisch waren hier eine toxische Mischung aus der Kreditvergabe an Kunden mit schwächeren Bonitäten und die amerikanische Art, die Zinsen lieber nicht langfristig zu fixieren, sondern variabel zu halten, d.h. die Zinsen verändern sich analog zum Markt. Des Weiteren wurden Immobilien am Bedarf vorbei produziert.
Hier gibt es wesentliche Unterschiede zur jetzigen Situation am deutschen Immobilienmarkt. Sowohl Banken als auch Kunden agieren deutlich vorsichtiger, weshalb wir uns aktuell in einer anderen Situation befinden. Die Kreditvergabe erfolgt deutlich restriktiver und am nachhaltigen Beleihungswert der Immobilie orientiert.

Ein Preisverfall geht mit einer Belastung der Banken einher, wenn Kreditnehmer ihre Immobilie verkaufen müssen und sie selbst überschuldet sind. Die Anteile von Fremdkapital bzw. die Kreditvolumen sind zwar in den letzten fünf Jahren angestiegen, jedoch erfassen die Statistiken nicht, dass oftmals zum Beispiel bei Finanzierungen von 100 % und mehr meist andere Sicherheiten in Form von weiteren Immobilien oder Lebensversicherungen vorliegen. Im Gegenzug zu den gestiegenen Beleihungsausläufen sind auch die Tilgungssätze gestiegen.
Nach Angaben der Kreditvermittlungsplattform Europace lag noch im Jahr 2009 bei 58 % der Finanzierungen die anfängliche Tilgung von Immobiliendarlehen bei 1 %. Dies bedeutet, dass der Kunde im ersten Jahr lediglich 1 % der Darlehenssumme zurückzahlt. Seitdem haben sich die Tilgungssätzen Richtung 2 bis 3 % bewegt. Im dritten Quartal 2021 lag der Anteil der Darlehen mit einer Tilgung größer 2 % bei insgesamt 83 %. Die Haushalte nutzen also die günstigen Zinsen auch für höhere Tilgungen. Die durchschnittliche Sollzinsbindung lag im Jahr 2021 bei rund 14 Jahren und ist ebenso deutlich angestiegen. Dies führt dazu, dass die Kreditnehmer am Ende dieser durchschnittlichen Zinsbindung fast 50 % des Ursprungsdarlehens zurückgeführt haben und deutlich höhere Anschlusszinsen in der Regel keinen Crash verursachen werden. Einkommenssteigerungen sind hierbei zudem noch nicht berücksichtigt.

Einschätzung und Ausblick

Aus den genannten Gründen sehe ich aktuell keinen Crash am Immobilienmarkt und auch kein Platzen einer Immobilienpreisblase.

Es zeichnet sich vielmehr ab, dass ein Boom zu Ende gehen könnte.
Baukredite werden teurer, Kapital wird bei steigendem US-Zins vom deutschen Wohnungsmarkt abgezogen werden, die Erhöhung der energetischen Anforderungen seitens der Regierung werden die Baupreise weiter steigen und Investitionen in Immobilien unattraktiver erscheinen lassen.
Andererseits ist das Angebot speziell in Ballungsräumen nach wie vor knapp und die Nachfrage hoch. Bauland ist hier knapp und leider oft in der Hand von Spekulanten, welche auch in den nächsten Monaten die Preise künstlich in die Höhe treiben werden.

Die Würfel sind noch nicht gefallen und es bleibt abzuwarten, wie sich der Wohnungsmarkt im Kern entwickelt. Eine wichtige Rolle kommt der Politik zu, bezahlbaren Wohnraum dort zu schaffen, wo er gebraucht wird. Sinnvoll wäre es, die Randlagen von Großstädten attraktiver zu gestalten und somit einer weiteren Überhitzung der Preise in den A-Städten entgegenzuwirken.
Meine persönliche Prognose ist ein seitwärts tendierender Markt in den nächsten Jahren. Dies macht ihn für Spekulanten unattraktiver und könnte durchaus positive Effekte haben.

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