Die Babylonier unter König Hammurabi I., die Kaufleute der Hanse im Mittelalter und Harry Markowitz als Begründer der modernen Portfoliotheorie hatten eines gemeinsam: Sie erkannten die Bedeutung der Diversifikation für Wertanlagen und Handelsgeschäfte. In dieser Auflistung fehlt jedoch eine Institution: der S&P 500 Index. Der S&P 500 umfasst die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA, die zu Beginn ihrer Aufnahme weitere Kriterien (Gewinn auf Quartalsbasis, Unternehmensalter, Dauer des Listings, Anteil frei handelbarer Aktien) erfüllen müssen, um in den Index aufgenommen zu werden.
„Magnificent 7“ – „Die glorreichen 7“
Im S&P zeigt sich eine Konzentration auf sieben Firmen, die im Englischen in Anspielung auf einen populären Westernfilm als „Magnificent 7“ – „Die glorreichen 7“ zusammengefasst werden. Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet, Tesla, Meta und Nvidia erreichen eine gemeinsame Marktkapitalisierung von 29,60 % im S&P und damit den höchsten aggregierten Wert seit der Erfassung 1957. An dieser Stelle zeigen sich die ersten Herausforderungen bei der Betrachtungsweise. Die Festlegung auf sieben Unternehmen ist willkürlich und folgt lediglich der aktuellen Marktentwicklung. In einer anderen Marktphase kann sich die Zusammensetzung hinsichtlich der Anzahl oder der Performance eines einzelnen Titels ändern. Vor den „Glorreichen 7“ war die Gruppe der FAANG eine populäre Kategorisierung. Dazu gehörten Facebook (Meta), Apple, Amazon, Netflix und Google (Alphabet), während Tesla sowie Nvidia noch außen vor waren und Netflix nicht mehr berücksichtigt wird.
Die sieben Unternehmen werden gerne unter dem Begriff Big Tech zusammengefasst. Das ist in diesen Fällen aber nur ein absoluter Obergriff. Die Bandbreite reicht von Social-Media, Software über Smartphones sowie Hardware zu Autobau. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in ihrem jeweiligen Feld führend sind und teilweise die internationale Spitzenposition in ihrer Branche einnehmen.
Apple ist einer der führenden Hersteller für Smartphones und ein wesentlicher Innovator in diesem Bereich. Mit Windows dominiert Microsoft weiterhin den Markt für Betriebssysteme bei Personal-Computern und mit Azure belegt Microsoft den zweiten Platz im weltweiten Cloud-Geschäft. Alphabet besitzt mit Google die dominierende Suchmaschine im Internet, während YouTube die zweithäufigste besuchte Internetseite im Bereich von Social-Media ist. Amazon ist führender Anbieter im Online-Handel in den USA und belegt in weiteren Ländern eine Spitzenposition.
Mit Amazon Web Services ist das Unternehmen im Cloud-Geschäft die Nummer 1.
Durch den Hype um die künstliche Intelligenz stieg Nvidia mit seinen Prozessoren für diesen Bereich zum global führenden Hersteller heran. Tesla ist ein führender Hersteller bei Elektrofahrzeugen und erzielt als einer der wenigen Hersteller regelmäßig einen Gewinn. Meta bietet die am meisten aufgerufene Social-Media-Plattform der Welt an. Darauf aufbauend verfügt Meta mit Instagram und WhatsApp über die Apps mit den höchsten Download-Zahlen. Microsoft und Apple sind schon seit Jahrzehnten am Markt, Tesla und Meta sind daran gemessen nur halb so alt. Bei Meta ist mit Mark Zuckerberg weiterhin der Gründer als CEO tätig, während bei den anderen Unternehmen die Gründer eine entscheidende Rolle eingenommen haben, aber selbst nicht mehr aktiv sind, oder schon seit Jahren von Managern geführt werden, die an der Gründung des Unternehmens nicht beteiligt waren.
Die Gewichtung spiegelt den Stand der gegenwärtigen Marktkapitalisierung wider, die Gewichtung bei der Berechnung des S&P 500 ist statischer und neben der Marktkapitalisierung fließen noch weitere Faktoren in die Berechnung ein. Der S&P 500 ist in seiner Zusammensetzung also weiterhin diversifiziert, wobei eine Gruppe von Unternehmen ein deutliches Gewicht bei Marktkapitalisierung und Performance (-beitrag) einnimmt.
Beim MSCI World, der 1.500 Aktien aus 23 Staaten umfasst, sieht die Entwicklung ähnlich aus. Die größten zehn Werte repräsentieren 20 % des Gesamtindex und die wesentlichen Antreiber bei der Indexentwicklung waren die „Glorreichen 7“.
Beim NASDAQ 100, der im Wesentlichen Technologie-Aktien zusammenfasst, hatte diese Entwicklung erste Konsequenzen. Der Anteil der „Glorreichen 7“ wurde von 55 % auf 43 % reduziert, um die Dominanz abzumildern.
In Zeiten, in denen die Performance einer Gruppe von Titeln und damit deren Performance-Beitrag hoch ist, beflügelt das auch einen Index. Sollten sich die Szenarien um die künstliche Intelligenz als weniger ertragreich erweisen als angenommen, ist für einen Index mit einer hohen Gewichtung auf diese Technologie-Titel ein stärkerer Rückgang bei erhöhter Volatilität zu erwarten.
Vorrangig betroffen wäre Nvidia aufgrund seiner Produktion von Chips für diesen Bereich. Im Falle einer Rezession würden sich die werbeabhängigen Unternehmen Meta und Alphabet mit ihren Social-Media-Angeboten besonders betroffen zeigen. Allen gemeinsam ist wiederum die hohe Bewertung an den Börsen, gemessen an den prognostizierten Einnahmen.
Bei Tesla steht das Verhältnis bei 70 und sogar bei Apple beträgt der Wert noch 29. Diese Bewertungen erinnern schon an die Zeiten der Dot.com-Blase und die Frage nach einer grundlegenden Kurs-Korrektur ist somit angebracht. Die historische Performance einer Aktie, so beeindruckend sie auch sein mag, ist nur ein vager Indikator für die zukünftige Entwicklung.
Viele Anleger, die auf die Zugkraft der „Glorreichen 7“ setzen, könnten somit auf einen Trend setzen, der sich nicht als langfristig stabil erweist. Wie real diese Möglichkeit ist, zeigt sich an der Performance im Jahr 2022, als die Renditen der Unternehmen deutlich nachgaben.
Fazit
Selbst Anleger, die annehmen, ihr Portfolio wäre ausreichend gestreut, weil sie in mehrere Fonds investiert sind, die sich nicht strikt an einem Index orientieren, müssen feststellen, dass auf Ebene der Einzelaktien die Diversifikation geringer ausfällt, da in den unterschiedlichen Fonds die „Glorreichen 7“ einen wesentlichen Anteil haben. Eine Gruppe von „Investoren“, die davon noch deutlicher betroffen sein werden, sind ETFs.
Sie folgen passiv der Indexgewichtung, einzig mit der Einschränkung, dass der Top-Wert maximal 35 % der Gewichtung einnehmen darf, während die weiteren Titel eine Gewichtung von maximal 20 % des Indexes haben dürfen. Die Ineffektivität der Regel zeigt sich nicht zuletzt in diesem Fall, da diese Beschränkungen nicht greifen. Demgegenüber haben aktiv verwaltete Fonds den Vorteil, dass ein einzelnes Wertpapier höchstens 10 % des Fonds ausmachen darf und die Wertpapiere, die ein Gewicht von mehr als 5 % haben, dürfen insgesamt nur 40 % am Fonds ausmachen.
Hinsichtlich der Diversifikation hat ein aktiv agierender Fonds daher mehr Spielraum, kann seine Anlagen breiter streuen und bietet seinen Anlegern damit einen deutlichen Mehrwert.
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