Sola’s Meinung zum Schweizer Aktien-Markt (Episode 18)

Inhaltsverzeichnis

*** Plutos – Schweiz Fund Update ***

*** Calida Group – am Tiefpunkt ***

*** Oerlikon’s zwei Gesichter ***

*** Comet – bescheidene Euphorie ***

*** Bucher – verschmähte Qualität ***

*** R&S Group – der Hidden Champion im Hyper Cycle ***

Der Plutos-Schweiz Fund hat im November am wuchtigen Markt-Rebound überproportional partizipiert und legt 11,1 % zu, während der SPI Small-Mid Caps Index den Berichtsmonat 6,2 % höher beschließt.

So schnell geht’s: die US-Inflations- und Arbeitsmarkt-Daten indizieren den Zins-Peak, der Zinserhöhungszyklus ist am Ende. Nachdem seit August die Bären die Oberhand hatten, ging es im November an den globalen Aktienmärkten deutlich ins Plus – Auslöser war insbesondere der schwächer als erwartete US-Inflationsbericht Mitte des Monats.

Wir haben in unserem letzten Monatsbericht darauf hingewiesen: Bullenmärkte werden in der dunkelsten Stunde geboren – und die Stimmung war im Oktober pechschwarz, Small- und Mid Caps kamen dabei besonders unter die Räder. Doch nun sind bereits wieder Kommentare wie „Alle Zeichen stehen auf Grün“, „Die Bremsen sind gelöst“ oder „Die Börse bläst zur Jahresend-Rally“ zu lesen.

Hat man jetzt den Einstieg verpasst oder ist der Zeitpunkt noch immer günstig, um in Nebenwerte zu investieren? Die Bewertungen sind noch immer auf einem niedrigen Niveau, einem Stand, den man seit der globalen Finanzkrise nicht mehr gesehen hat.

Der Plutos-Schweiz Fund hat die Marktturbulenzen stoisch durchgehalten – und ist nicht hektischem Agieren verfallen. „Time in the market matters more than timing the market.”

Besonders befeuert wurde die Fund-Performance durch Comet (+33 %): der Capital Markets Day hat den Investoren die enormen Opportunitäten und das Potenzial des Flamatter Unternehmens klar aufzeigen können. In unserem Gespräch mit CEO Stephan Haferl zeigte er sich bescheiden positiv – mehr dazu im Blog. Im Schlepptau legte auch VAT an Wert zu.

Trotz einem zwischenzeitlich markanten Rücksetzer als Reaktion auf die neue, fokussierte Strategie konnte u-blox rund 6 % zulegen. Am Investoren-Tag präsentierte CEO Zizala eine Strategie, die zukünftig viel Sinn macht, doch der resultierende Abschreiber und ein weiteres Übergangsjahr dämpften die Erwartungen kurzfristig.

DocMorris, im November gleich an vier relevanten Aktien-Konferenzen präsent, haben wohl einigen Investoren verständlich machen können, dass in Deutschland das e-Rezept ab dem 1. Januar 2024 verpflichtend für alle wird und was das für das Unternehmen bedeutet – +60 % war die imposante Performance im Berichtsmonat. Noch steht die Mehrheit des Marktes aber an der Seitenlinie.

VAT (+25 %) profitierten vorab im Schlepptau von Comet, berichteten aber Ende des Monats, dass man die Kurzarbeit in der Schweiz auslaufen lässt und zeigt sich optimistisch bei den Wachstumsaussichten.

TX Group hat ihr Versprechen eingelöst und die seit langem erwarteten Finanzziele für die drei Geschäftsbereiche 20 Minuten, Tamedia und Goldbach vorgelegt. Etwas schade, dass die TX Group kein Margenziel für den interessantesten Geschäftsbereich TX Markets vorlegt, aber man will damit wohl die Interessen der anderen JV-Aktionäre wahren.

Rund ein Drittel unseres auf 29 Unternehmen fokussierten Portfolios sah einen Wertzuwachs im zweistelligen Bereich, darunter Sensirion, Bystronic, Holcim, Temenos und SKAN.

Bei Sandoz, unserer neuesten Portfolio-Position, scheint der Verkaufsdruck endlich abzunehmen – wir haben die vorerst letzte günstige Gelegenheit genutzt, um die Position auszubauen.

Meyer Burger bleibt ein Sorgenkind: obwohl der Deutsche Bundestag die Überweisung der Net-Zero Industry Act-Initiative zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen hat, verunsichert nun der Budget-Streit. Es gilt abzuwarten, ob die Gelder für die erneuerbaren Energien noch zeitnah gesprochen werden.

Weiterhin nichts für schwache Nerven ist ams Osram: Nachdem das Unternehmen zuerst mit der teuren Anleihen-Ausgabe über EUR 1 Mrd. aufwartete, ließ der überraschend tiefe Bezugspreis für die neuen Aktien auch manch positiven Bullen verstummen – doch gegen Ende des Monats setzte eine heftige Gegenbewegung ein, wohl ausgelöst von Eindeckungskäufen (Short-Interest weiterhin bei 25 %!). Nun sind die drei wichtigsten Voraussetzungen – Produkte, Management und Bilanz – für einen erfolgreichen Turn-Around erfüllt.

Bei GAM stehen die Investoren weiterhin an der Seitenlinie, die Volumina sind äußerst dünn. Nach dem Motto „Show me first“, braucht es jetzt einen ersten Hinweis des neuen VR und dem Management, wie erfolgreich der Turn-Around voranschreitet. Ein tieferes Zinsumfeld und damit höhere Aktivitätslevels bei den Investoren dürften aber sicher helfen.

„Wer die Wertpapiere nicht hat, wenn sie zurückgehen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“  

André Kostolany – Autor und Börsenexperte (1906-1999)

Trotz aller Herausforderungen entdecke ich immer wieder lohnende Opportunitäten, die der Markt ignoriert und deshalb auch unterbewertet sind. Dort steckt großes Potenzial – man muss sie nur finden. Hier zwei meiner „Wild-Cards“ – Calida und Oerlikon:

Calida Group – am Tiefpunkt

Die Aktionäre der Schweizer Calida Group, die mit den Marken Calida, Aubade und Cosabella im Premium-Unterwäsche- und Lingerie Segment sowie mit der Outdoor-Möbelmarke Lafuma Mobilier international tätig ist, mussten in den letzten Monaten gute Nerven beweisen: Noch im Frühjahr konnte Calida für das Jahr 2022 von Rekordergebnissen und einem dicken Kapitalpolster aus dem Verkauf der Millet Mountain Group, rund CHF 100m, berichten – kaum drei Monate kam es dann aber knüppeldick:

Seit Juli 2022 war bekannt, dass die Gründerfamilie Kellenberger ihren Anteil von 34 % an Calida Group verkaufen möchte. Da aber kein geeigneter Käufer für das CHF 120 Mio.-Aktienpaket gefunden wurde, erklärte man den Verkaufsversuch im März 2023 als gescheitert.

Doch so ganz stimmt das wohl nicht: wie die NZZ in einem Bericht vom 15. Juni 2023 schreibt‚ gab es durchaus Interessenten für das Aktienpaket. Etwa den israelischen Wäschehersteller Delta Galil, zu dessen Marken seit 2012 auch Schiesser gehört. Das Unternehmen offerierte im Herbst 2022 einen Preis von CHF 43 pro Aktie. Dieses Angebot lehnte der Verwaltungsrat aber ab, angeblich ohne Rücksprache mit der Gründerfamilie, jedoch unter Einbezug des CEO. Als die Familie gegen dieses Ignorieren protestierte, kam es zu einem zweiten Angebot zu CHF 47, von dem sich Delta Galil im Februar 2023 aber zurückzog.‘

Nach nur rund zwei Jahren verabschiedete sich CEO Timo Schmidt-Eisenhart wieder – Mitte Juni wurde dann auch klar wieso: Die Premium-Lingeriemarke Cosabella und das Öko-Start-up Erlich Textil wurden zu hohen Preisen erworben, aber beide sind (zu) klein und haben wenig Struktur – und wurden operativ nie integriert. Das Resultat: der Verkauf von Erlich Textil zurück an die Gründer und ein hoher Abschreiber bei Cosabella. Auch der Multibrand-Online-Shop onmyskin.com wird eingestellt. Insgesamt wurde ein Impairment von CHF 61-71 Mio. kommuniziert; glücklicherweise sind „nur“ CHF 5 Mio. davon cash-wirksam. Die Calida-Aktien verloren derweil seit Anfang 2023 annährend 40 %.

Die ganze Misere dem CEO zuzuschreiben, scheint mir indes falsch: der VR hätte einen Teil des Finanzpolsters an die Aktionäre zurückgeben können, entschied sich aber für Übernahmen, bei denen offenbar die Due Diligence nicht so wichtig war. Das strategische Verhältnis scheint gefehlt zu haben. Auch wenn Calida in der Vergangenheit immer wieder Wachstum über M&A fand (2005 Aubade, 2013 Lafuma Mobilier), ist das Thema aber im Moment vom Tisch.

Bei meinem Gespräch mit VRP und a.i. CEO Felix Sulzberger, der als Calida-CEO zwischen 2001 und 2016 den Unternehmenswert verdreifacht hat und CFO Dave Müller, der seit 10 Jahren bei Calida verschiedene Finanz-Funktionen wahrgenommen hat, haben wir nicht nur über die Vergangenheit, sondern insbesondere auch über eine zukünftige Geschäftsnormalisierung bei Calida gesprochen.

Denn Vieles war, ist und bleibt wohl stimmig: Die Marken Calida, Aubade und auch Lafuma Mobilier sind etabliert und profitabel. Verglichen mit den Umsätzen vor der Pandemie, sprich 2019, ist Calida 15 %, Aubade 27 % und Lafuma Mobilier 20 %, die Gruppe insgesamt 20 % gewachsen. Der Basis-Effekt schmerzt natürlich, denn 2022 war bei allen Marken sehr stark.

Calida ist nah am Markt: zwei Drittel des Umsatzes wird direkt an Endkunden (ein Drittel Online, ein Drittel über Retailkanäle) und nur ein Drittel im B2B-Geschäft verkauft.

Die Finanzen sind trotz Impairments stabil, die EK-Quote wird auch per Ende 2023 über 50 % betragen 25 % des kapitalisierten Wertes innerhalb eines Jahres zu verlieren, können sich nicht viele leisten… 😉

Mit Felix Sulzberger steht wieder ein versierter, starker CEO/VRP an der Spitze, mit einem CFO, der den Laden gut kennt.

Verbesserungspotenzial sieht das Management bei Calida, wo die Kosten zu hoch sind und nun optimiert werden; bei Aubade, dem bestgeführten Unternehmensteil, ist eine Margen-Verbesserung anvisiert und bei Lafuma Mobilier gilt es, die starke Überproduktion während der Pandemie wieder zu normalisieren. Durch die Einstellung des Multibrand-Online-Shops onmyskin.com dürften wohl allein CHF 2 Mio. an OPEX wegfallen.

Die neue Guidance sieht vor, bis 2026 eine 10 %-EBIT-Marge zu erreichen. Mindestens 50 % des freien Cashflows soll als Dividende ausbezahlt werden. Eine Wachstumsguidance gibt es nicht mehr, was für mich aber momentan auch nicht zentral ist – man wird mit dem Markt wachsen können.

Mein Fazit: Auf einem Level von CHF 27 scheint mir sehr viel eingepreist zu sein. Felix Sulzberger wird Calida wieder in ruhigere Gewässer lotsen und die Ziele sind insgesamt durchaus erreichbar. Unser Fair-Value steht bei ca. CHF 40 an: wir nehmen das Kaufangebot von CHF 47 als Basis und reduzieren es um das „verbrannte“ Kapital von CHF 65 Mio., sprich rund CHF 8 bei 8.4 Mio. Aktien.

Verdoppeln wird sich die Calida-Aktie kaum – außer es käme etwas Übernahme-Fantasie auf. Aber es ist ein typischer Value-Case und so prüft der Plutos-Schweiz Fund einen Einstieg.

Oerlikon’s zwei Gesichter

Ich muss es zugeben: Oerlikon war in letzter Zeit nie auf meinem Radar – die Gesprächseinladung von Oerlikon-CFO Philipp Müller kam nun aber zum, aus meiner Sicht, perfekten Zeitpunkt. Denn ähnlich wie bei Calida erscheint mir die Aktie derart „ausgebombt“, wenn auch aus komplett anderen Gründen, dass sich ein näherer Blick lohnen kann.

Oerlikon ist in zwei Bereichen aktiv: sehr erfolgreich in der Division Surface Solutions, wo ganz hauchdünne Beschichtungen die Funktionalität von Teilen wie Schneide- und Bohrwerkzeugen, ja gar Zahnspangen oder elektrischen Zahnbürsten, markant erhöht – die Anwendungs- und Beschichtungsbereiche nehmen immer mehr zu. Ein Bohrer kann so z.B. bis zu 160 Mal länger im Einsatz bleiben als ohne Beschichtung. Und so erreichen Kunden Gesamtbetriebskosten, die 40 bis 50 % höher zu liegen kommen.  In den ersten neun Monaten wächst der Umsatz organisch über 6 % und die EBITDA-Marge steigt im dritten Quartal um 100bps gegenüber dem zweiten Quartal. Im Dünnfilmbereich und im Anlagenbau ist der Marktanteil so hoch, dass Konkurrenten nicht ansatzweise stören. Oerlikon betreibt weltweit mehr als 1200 installierte Coater und ist führend in diesem Bereich.

Durch die Übernahmen von Coeurdor und Riri hat Surface Solutions ihre Kernkompetenzen auf den Luxusmarkt ausgeweitet.

Sehr gutes Wachstumspotenzial sieht CFO Müller in den USA, wo die Oerlikon-Division zwar sehr gut zulegt, aber noch zu klein und untervertreten ist. Nun nimmt sich seit Februar der ehemalige Leiter Europa der Sache an. Oerlikon Surface Solutions hat die Ambition jährlich 4 bis 6 % zu wachsen, der Markt lediglich 2 bis 3 %, Oerlikon hat eine „unglaubliche“ Pricing-Power und das Ziel ist, schnellstmöglich 20 %-EBITDA-Marge zu erreichen (Q3: 17 %).

Deutlich weniger erfolgreich ist Oerlikon aktuell mit der Division Polymer Processing Solutions.

Oerlikon stellt Hightech-Anlagen her, welche Oerlikon’s Kunden zur Produktion von chemischen Textil- und Teppichgarnen, synthetischen Stapelfasern und Vliesstoffen verwenden. Diese werden in Funktions-/Bekleidung, Teppichen, Autoreifen, Sicherheitsgurten, Airbags, Geotextilien, Seilen, Förderbändern, Segeln und Filter zur Reinigung von Wasser und Luft verarbeitet. Mit 75 % ist APAC, sprich China, der größte Markt – damit ist schon vieles gesagt, denn wie bekannt läuft es in China für die meisten nicht.

Im dritten Quartal sinkt der Umsatz um drastische 35 %, die EBITDA-Marge bricht auf 530bps auf 11,1 % weg und der Bestellungseingang gibt 52 % auf 199 Mio. nach. Nun soll die Umsetzung von Kostenmaßnahmen die Margen 2024 begünstigen.

Doch auch vom Markt könnte 2024 eine Verbesserung, sprich mehr Aufträge, kommen:

Oerlikon erwartet eine Erholung, da die Cash-Margen der Kunden (die Verkaufspreise von Polyesterprodukten abzüglich der Rohstoff- und der Verarbeitungskosten) nach negativer Entwicklung 2022 im laufenden Jahr wieder ins Positive gedreht haben. Wenn diese Preis-Kosten-Spanne positiv wird, kommt es zu Investitionen. Für CFO Müller ist dies ein Indikator für einen Erneuerungszyklus.

Zudem kommt es, ähnlich wie bei der Baumwoll-Textil-Herstellung, zu einer gewissen geografischen Verschiebung aus China heraus. Dies dürfte mittelfristig zusätzlichen Anlagebedarf generieren.

Mein Fazit: Das Thema Hauptaktionär habe ich bei unserem Gespräch bewusst nicht behandelt – es ist allen bekannt und wurde zur Genüge kommentiert. Auch dass das Doppelmandat von Prof. Dr. Süss vielen missfällt, habe ich angesprochen. Und das Unwort „Kapitalerhöhung“ kam zur Sprache: CFO Müller kann sich eine solche nicht vorstellen, denn die Liquidität per Ende 2023 genügt vollends, um 2024 eine Anleihe von CHF 150 Mio. abzulösen.

Oerlikon ist neu weit oben auf dem Plutos-Schweiz Radar zu finden 😉.

Comet – bescheidene Euphorie

Selten habe ich eine derart fulminante Reaktion auf einen Capital Markets Day erlebt, wie letzten Monat bei Comet. Die Ausführungen von CEO Stephan Haferl und den Divisionsleitern war unmissverständlich und nachvollziehbar: das Potenzial von Comet ist enorm.

Das Jahr 2023 war für Comet „fürchterlich“, denn die Flamatter spürten den Zyklus mehr als Branchennachbar VAT. Comet hatte eine Unterauslastung an den Standorten, die man in Zukunft mit steigenden Volumen auch in einem Abschwung des Zyklus verringern muss.

Nicht alle Probleme waren jedoch hausgemacht: Großkunde Lam hat 2022 die Hauptfabrik in den USA reduziert, den Standort Penang aufgebaut und produziert dort verstärkt für den asiatischen Markt – v.a. natürlich für die großen Chipproduzenten in der Region – Samsung, TSMC, SK Hynix. Dies führte zwar vorab zu einem hohen Bestellvolumen bei Comet, doch Lam‘s unzureichendes Supply-Chain-Management hat z.T. doppelte Bestellungen ausgeführt, was 2023 zu deutlich tieferen Aufträgen für Comet geführt hat. Doch auch die gesamte Industrie hatte in den Boomzeiten von 2022 Lagerbestände aufgebaut hat, welche über die normalen Bestände gewachsen sind. Diese überdurchschnittlich hohen Bestände trafen nun auf eine einbrechende Nachfrage – Überkapazitäten, Inflation, Konflikte, Handelsbarrieren. Deshalb wurden kaum mehr Neubestellungen platziert, da genügend Lagerbestände entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorhanden waren.

CEO Stephan Haferl ist überzeugt, dass man die Talsohle durchschritten hat und Comet ab 2024 wieder ansteigende Bestellungen sehen wird. Zentral wird sein, dass Comet den Aufschwung nicht verpasst, denn das würde das Unternehmen über den ganzen Zyklus begleiten. Während des Jahres wurden einige Initiative angestoßen, die man noch nicht im P&L sieht, welche aber zukünftig helfen werden. Kommerzialisierung der Produkte und operationelle Exzellenz sind die Hauptthemen – Comet will den nächsten Zyklus nicht mehr derart stark spüren. Sowohl ein höheres Basis- (CHF 550 bis 600 Mio.) als auch das Neu-Volumen (CHF 200 bis 250 Mio.) werden zukünftig helfen. Ein Down-Turn-EBITDA soll nicht unter den im Geschäftsjahr 2022 erreichten 21,8 % zu liegen kommen.

Der Investoren-Event war insbesondere in Bezug auf den neuen RF-Generator Synertia aufschlussreich:

Ein erster wichtiger Tier 1-Design-Win – wir gehen dabei von Applied Materials aus, nicht dem größten Kunden Lam – wird Synertia in einem spezifischen Prozessschritt nutzen. Der Kunde scheint dezidiert den Comet-Wettbewerber MKS ersetzen zu wollen, der durch einen Cyber-Angriff beeinträchtigt wurde, dadurch nicht liefern konnte. Die Ausrüstungshersteller werden sich daher nach Alternativen zu MKS umschauen. Doch MKS wird bestimmt im Geschäft bleiben und weiterhin eine starke Marktposition innehaben.

Dieser Tier 1-Auftrag führt bereits zu erhöhten Nachfragen. Auch der zweite grosse Amerikaner (LAM) wird sich die Frage stellen müssen, ob man etwas verpasst. In den rund 300 großen Fabs sind wohl je 1000 Tools verbaut, was als anzusprechender Markt angenommen werden kann, auch wenn natürlich nicht jede Fab investiert. Zudem können Generatoren auch individuell ausgetauscht werden (Up-Grades). Im Moment wird der Generator Stand-Alone verkauft, Synertia-Matchbox-Kombos werden aber vermehrt entwickelt. Ein weiterer Vorteil: Synertia kann auch mit „fremden“ Matchboxes betrieben werden.

2027 dürfte der Generatoren-Markt gem. Stephan Haferl wohl eine Grösse von USD 1.5bn+ erreichen – davon will Comet einen Marktanteil von 5 bis 10 % gewinnen. Comet’s Synertia scheint dem eVerest-Generator von Konkurrent Advanced Energy technisch klar überlegen zu sein. Aus gut unterrichteten Quellen höre ich, dass Samsung rund 200‘000 Generatoren, die am Ende ihrer Nutzungsdauer sind, ersetzen will. Micron, TSMC, SK Hynix könnten insbesondere sehr an Synertia interessiert sein, weil sie dadurch mehr Daten gewinnen und so den Yield in der Mikrochipproduktion erhöhen können.

Die beiden Segmente X-Ray Modules und X-Ray Systems konnten ebenfalls Erfolge verbuchen: an der Semicon Europa wurde von X-Ray Systems das erste, spezifisch für die Halbleiterindustrie konzipierte Röntgensystem namens CA20 vorgestellt.

Mein Fazit: Ein positiver und doch im Auftritt bescheidener CEO hat mich in meinen Ansichten bestätigt. Zudem habe ich bei einem inoffiziellen Austausch mit VRP Heinz Kundert die gewonnenen Erkenntnisse verifiziert. Comet is back on track.

Bucher – verschmähte Qualität

Viel zu lange habe ich mich nicht mit Bucher beschäftigt und so nahm ich die Einladung zu einem Gespräch mit CEO Jacques Sanche und CFO Manuela Suter gerne an, um mir ein aktuelles Bild des Schweizer Qualitätsunternehmens zu machen.

Bucher, gegründet 1807, ist ein breit diversifiziertes Industrie-Konglomerat: die Kuhn Group (41 % Umsatz) ist in der Herstellung und im Vertrieb spezialisierter Landmaschinen und Fahrzeuge tätig, Bucher Municipal (15 %) stellt Kehrmaschinen, Winterdienst-, Müllentsorgungs- und Kanalreinigungsgeräte her, Bucher Hydraulics (21% ) steht für maßgeschneiderte Antriebssysteme, Bucher Emhart Glass (15 %) für Anlagen zur Herstellung von Glasbehältern und Bucher Specials (8 %) entwickelt Ausrüstung für die Wein- und Bierherstellung, die Fruchtsaft-Gewinnung und automatisierte Lösungen und vertreibt über Bucher Landtechnik landwirtschaftliches Gerät.

Die unterliegenden Treiber sind Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, eine wachsende Mittelklasse und der Klimawandel. Geographische ist Europa mit 57 % Umsatz am wichtigsten, gefolgt von Nordamerika mit 17 %, Zentral- und Südamerika mit 11 % und Asien 9 %, davon China 5 % – also bisher mit einem kleinen Gewicht.

Wenn John Deere hustet, bekommt Bucher die Grippe – so oder ähnlich lässt sich umschreiben, wie wichtig der amerikanische Traktor-Hersteller für das Sentiment bei Bucher ist. Und da John Deere in letzter Zeit eher etwas vorsichtiger mit dem Ausblick ist, bekommt dies Bucher, auf Grund der 41 % Umsatz bei Kuhn Group, zu spüren. Natürlich zeigt sich auch bei Bucher der Bestellungseingang im Moment eher verhalten, die Lager sind gut gefüllt und die Händler klagen über zu wenig Cash – doch der Auftragsbestand wird die Auslastung noch einige Zeit hochhalten.

Der Ukraine-Krieg hat Bucher nur mit einem tiefen einstelligen Prozentsatz tangiert, doch sowohl die Ukraine als auch Russland hätten enormes Potenzial, sind aber nun „on hold“.

Trotz Nachfrage-Normalisierung, Margen-Druck durch höhere Personal- und Material-Kosten sind einzig Bucher Municipal und Bucher Special auf einer einstelligen Marge (5,3 % resp. 8,4 %). Municipal kämpft mit Schwierigkeiten in der Lieferkette, Reduktion der Tätigkeiten in Russland und einem herausfordernden Geschäftsumfeld in China. Diesen Herausforderungen soll mit Effizienzsteigerungen dank Modularisierung, Digitalisierung und Elektrifizierung begegnet werden. Den Personalkosten wird insgesamt mit einem höheren Temporär-Anteil insbesondere bei Kuhn Group und Bucher Hydraulics entgegnet. Und auch auf der OPEX-Seite zeigt sich eine Entlastung, da Material-, Transport- und Energiepreise im Sinken begriffen sind.

Wichtig scheint mir, dass Bucher trotz viel Gegenwind stark unterwegs ist: Q223 zeigte eine EBIT-Marge von 12,7 % (2022 11,8 %) – die Guidance für 2023 indiziert gar „eine leicht höhere EBIT-Marge im Vergleich zum Vorjahr“ – Bucher-typisch ist die mittelfristige Guidance mit „nur“ >10 % konservativ. Per Ende Jahr wird Bucher rund eine halbe Milliarde Fränkli Nettoliquidität auf der Bilanz haben, ist also kerngesund. Die reinen flüssigen Mittel sind deutlich höher. Die Bewertung ist mit 2024 EV/EBIT 7.3x und P/E 12.1x beim besten Willen nicht teuer.

Mein Fazit: Möglicherweise habe ich es noch nicht klar genug ausgedrückt – Bucher gehört bezüglich Qualität in die Champions League der Schweizer Industrieunternehmen. Mit einem relativen Kursrückgang von rund 16 % 2023 ggü. dem Schweizer Markt und einer Bewertung, die unter dem Marktschnitt liegt, erscheint es mir legitim, Bucher näher zu beobachten. Auslöser für eine Höherbewertung sind mannigfaltig.

R&S Group – der Hidden Champion im Hyper Cycle

Vorab ein kurzer Disclaimer: ich habe zwei Jahre bei VERAISON Capital in Zürich mit Gregor Greber, Initiant und VR von VT5, zusammengearbeitet. Ich kenne und schätze ihn als zielstrebigen Macher und brillanten Netzwerker. VERAISON ist ein großer Aktionär von VT5. Auch nach meinem Abschied Ende 2020 pflege ich bis heute einen freundschaftlichen Austausch mit dem VERAISON-Team. Dieser Beitrag ist positiv – nicht, weil ich jemandem einen Gefallen tun will, sondern schlicht und einfach, weil ich überzeugt bin, dass sich eine Investition in die R&S Group lohnen wird.

Heute halte ich ein wirkliches „Schmankerl“ für Sie bereit 😉.

Die Chance, dass Sie die R&S Group bereits kennen, scheint mir eher gering – vielleicht haben Sie, so wie ich, einen kurzen Artikel zum Unternehmen in der Finanzpresse gelesen, haben den ersten und bisher einzigen Schweizer Spac VT5 verfolgt oder Sie wohnen in Sissach 😊.

Die R&S Group wird aller Voraussicht nach durch den Schweizer Spac VT5 übernommen. Verkäufer ist die CGS Group, ein Private Equity-Investor.

Ich hatte dieser Tage die Möglichkeit, im Rahmen einer Roadshow die R&S Group kennen zu lernen und mit CEO Markus Laesser und CFO Dr. Matthias P. Weibel sowie den VR-Kandidaten Dr. Beatrix Natter, Heinz Kundert (Comet VRP und ehemaliger CEO und VR VAT Group) sowie VT5-Initiant Gregor Greber zu sprechen.

Zudem konnte ich mich in einem erlauchten Kreis von wichtigen Schweizer Fund Managern, einem promovierten Transformatoren-Experten sowie Dr. Beatrix Natter – sie führte 7 Jahre die Siemens Unit Transformers – austauschen. Unter der Leitung von Christopher Dettweiler, der für die Due Diligence verantwortlich zeichnet. Dabei kamen insbesondere die Energie-Transition, die Wachstumschancen, der Wettbewerb und die Kunden der R&S Group zur Sprache.

Die R&S Group mit Hauptsitz in Sissach BL wurde vor rund 100 Jahren gegründet und gehört zu den führenden Anbietern von elektrischen Infrastrukturprodukten in Schlüsselmärkten rund um den Globus. Die Produktionsstätten und Büros in Europa (Schweiz, Italien, Tschechien, Polen) Südamerika (Argentinien) und dem Nahen Osten (VAE) fokussieren sich auf ein spezifisches Produkt: Transformatoren aller Art wie Verteiltransformatoren, Leistungstransformatoren, Trockentransformatoren, Strom- und Spannungswandler.

Die unterliegenden Treiber für das Wachstum des Transformatoren-Marktes sind die Dekarbonisierung, die Dezentralisierung und die Modernisierung.

R&S hat hohe Marktanteile bei Öltransformatoren (65 % in der Schweiz, 30 % in Finnland), bei Gießharztransformator (35 % in Tschechien, 30 % in Polen, 30 % in Italien, 25 % in Schweden und 45 % in VAE) sowie bei kleinen Stromtransformatoren (40 % in Polen).

Mit rund 700 Mitarbeitern werden 2023 CHF 200 Mio. Umsatz erreicht werden, dies bei einer EBIT-Marge von 15 %, also ca. CHF 30 bis 35 Mio., einer FCF-Marge von 5 % und einer rund 3 %igen Dividendenrendite.

Die Ziele für 2024 umfassen 8 bis 10 % Wachstum, mittelfristig solide 10 %, EBIT-Marge 15 %, danach 15 % +, eine FCF-Marge von 5 bis 9 %, danach um die 10 %. Die Dividendenpolitik sieht eine 50 % Auszahlungsrate des FCF vor. Der Unternehmenswert liegt bei CHF 300 Mio. (fully diluted).

Unter Berücksichtigung dieser Parameter ergeben sich Bewertungen von 8.5x EV/EBITDA und ein P/E von 8.5x – meines Erachtens keine herausfordernde Valuation.

Doch wieso ist R&S Group denn nun eine interessante Investition? Drei Punkte gilt es hier aufzuzeigen:

1. Wachstum

Die Dezentralisierung des Stromnetzes ist durch die erneuerbaren Energien bi-direktional geworden, sprich Kunden beziehen Strom, speisen aber auch solchen ins Netz ein. Die Energie-Beschaffung ist dezentraler geworden, zum Teil auch durch PV und Wind. Die Off-Shore-Energiegewinnung muss via mehrere Transformatoren-Stationen übertragen und umgewandelt werden, da physikalisch bedingt Strom nicht weiter als 100km „transportiert“ werden kann. Viele Stromnetze sind überaltert, die installierte Trafo-Basis ist im Schnitt über 40 Jahre alt und genügen den höheren Spannungsanforderungen nicht mehr. Sie explodieren zwar nicht 😉aber sie steigen schlicht aus. Trafo-Märkte sind lokal/regional, ein Import aus Asien wäre zu teuer.

2. Wettbewerb/Nachfrage

Der Aufbau und die Inbetriebnahme einer qualitativ hochstehenden Trafo-Produktion dauert mit der Zertifizierung rund 5 Jahre und obwohl die Hürden technisch nicht hoch wären, ist das Angebot dünn, da Transformatoren bis vor zwei Jahren als Commodity angesehen wurden. Doch die Preise für Trafos sind stetig gestiegen, da die Kapazitäten nicht ausreichen. Dr. Beatrix Natter spricht von einem eigentlichen Hyper Cycle, der die nächsten 10 Jahre nicht nachlassen dürfte.

NB: ABB würde es sich wohl heute zweimal überlegen, den Bereich an Hitachi zu verkaufen, er wäre wohl deutlich mehr wert…

Die großen Unternehmen wie Siemens oder Hitachi würden gerne mehr produzieren, sind aber durch geschultes Personal, Ausbildung, Zeit limitiert und es ist kaum im Fokus neben vieler anderer Herausforderungen. Gerade im Schweizer Markt, wo das Netz zwar vergleichsweise gut ist, gibt es eine konstante Nachfrage nach einer kleinen Anzahl von Trafos pro Kunde – doch für 10 Trafos für das EW Luzern hebt bei Siemens oder Hitachi keiner den Hörer ab. Doch genau ist der Sweet-Spot, die durchschnittliche Bestellgrösse bei R&S, die durch ihre Grösse den ganzen Markt bedienen kann.

3. Kunden

Eine Kritik, die ich schon einige Male gehört habe: R&S hat kein Service-Geschäft und damit kein wiederkehrender Umsatz – das stimmt zwar, doch R&S hat 96 % Stammkunden. Von den ca. 600 Kunden hätten 30 % das Potenzial, auch von einem Großen bedient zu werden – tun sie aber nicht, da sie R&S vertrauen und 40 % der Kaufentscheidung wird aufgrund von Qualität, 60 % aufgrund von Preis gemacht. Transformatoren sind auch keine „big ticket items“: bei einem Industriekunden sind 4 bis 5 % der Kosten auf die Elektrifizierung zurückzuführen, Trafos sind nur ein kleiner Teil davon. Kunden sind vermehrt zeit- und nicht preissensitiv – man will den Trafo am liebsten gestern, auch wenn er etwas mehr kostet. Bei einer Windkraft-Anlage kommt ein 800 kW-Trafo zum Einsatz, der ca. CHF 120‘000 kostet – auch hier ist der Trafo mit 3 bis 5 % der Gesamtkosten nur ein kleiner Teil.

Mein Fazit: die R&S Group hat mich bezüglich Wachstums, Margen, ihrer Nische und den Produkten überzeugt. Management, VR und gar der Verkäufer werden sich privat in den Aktien engagieren. Das Management ist stark, der VR mit Heinz Kundert und Andreas Leutenegger (ex-CFO VAT Group) optimal besetzt, die Bilanz ist schuldenfrei und gesund. Gleichzeitig ist die Bewertung günstig. Der Plutos-Schweiz Fund wird sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Unsere Highlights im Dezember sind Meetings mit TX Group, Zehnder, Belimo Clariant, Feintool, Geberit, Interroll, Schweiter, Siegfried und Stadler Rail – also nochmals eine volle Agenda vor Jahresende.

2023 werde ich mich dann mit insgesamt 121 Schweizer Unternehmen getroffen haben – diese Gespräche bilden die Grundlage für meinen Blog.

Herzlichen Dank an alle CEOs, CFOs, VRs und IRs für die interessanten, lehrreichen und inspirierenden Gespräche 😊.

Ich wünsche allen Lesern frohe Festtage, ein gesundes und erfolgreiches 2024 und hoffe, Ihnen auch nächstes Jahr die eine oder andere Schweizer Aktie näher bringen zu können.

Bis demnächst,

Stephan

ZOOM-KÄFELI

Gerne können wir über die erwähnten Punkte in einem Zoom-Käfeli ins Detail gehen – ich freue mich, von Ihnen zu hören!

Stephan Sola

Stephan Sola

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