Episode #036

"Emotionen sind Gift an der Börse"

Emotionen sind Gift an der Börse. Panik, Gier oder auch Euphorie haben bei der Geldanlage nichts zu suchen, gleichwohl können wir uns von all diesen Themen nicht ganz freimachen. Fragen dazu stellt Börsenmoderator Andreas Franik an Fondsmanager Kai Heinrich, Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG.

Haben Sie als Profi, als jemand, der jeden Tag an den Märkten unterwegs ist, ihre Emotionen immer im Griff?

Herr Heinrich würde gerne mit „Ja“ antworten, jedoch wäre dies gnadenlos gelogen, denn auch die Fondsmanager bei der Plutos Vermögensverwaltung AG haben ihre Emotionen nicht immer im Griff. Für ein Unternehmen ist das manchmal weniger schlimm als für Privatanleger, aber gerade in den ganz heftigen Phasen, wie z.B. während des Coronacrashs 2020, waren viele Unternehmen unruhig.

Was tun Sie, um die Emotionen klein zu halten?

Da hat jeder sein eigenes Erfolgsrezept. Herrn Heinrich helfen dabei besonders zwei Dinge. Zum einen ist es gut, den Außenlärm abzuschalten, da heutzutage jeder ständig von allen Seiten beschallt wird. Zum anderen ist es manchmal auch von Vorteil weniger Gespräche zu führen. Egal, ob während eines Hypes nach oben oder während einer Depression, oftmals laufen alle in die gleiche Richtung. In solchen Situationen ist es zwar schwierig, aber lohnenswert, sich in die entgegengesetzte Meinung hineinzuversetzen, auch wenn es dann kaum vorstellbar ist, als einziger recht haben zu können.

Wie gehen Sie damit um, sich hin und wieder gegen den Herdentrieb zu stellen und vor allem noch antizyklisch zu handeln, um gute Gewinne einfahren zu können?

Die Plutos Vermögensverwaltung AG ist generell ein trendfolgendes Haus und kein klassischer Antizykliker. Die Fondsmanager setzen sich von der Herde ab, indem sie sich auf die grundsätzlichen Fragen besinnen: Wie sieht die Bewertung aus? Wie steht es um das Umfeld? Für den Herdentrieb gibt es jedoch zwei klassische Beispiele. In den 2000er Jahren gab es den „Bild-Zeitungs-Indikator“. Wenn in der Bild-Zeitung eine Aktie genannt wurde, haben alle darüber geredet. Letztes Jahr war es ein Titelblatt in den USA, welches Kai Heinrich skeptisch gemacht hat. Die Formulierung auf dem Titelblatt war sinngemäß: „Hat Cathie Wood Warren Buffett als Königin der Wall Street abgelöst?“. Ab diesem Zeitpunkt gingen die ETFs von Frau Wood nach unten und Berkshire Hathaway von Buffett nach oben. Dies in Verbindung mit der Tatsache, dass alle über Tech-Werte und Blockchains redeten, führte dazu, dass Investoren das Gefühl hatten, die Börse besteht aus nichts anderem mehr. Schließlich ist das ein Zeichen dafür, dass etwas Abstand von dem ganzen Geschehen nötig ist, um sich dem Einfluss zu entziehen.

Soll Warren Buffett mit Berkshire Hathaway ein Vorbild für Investoren sein, die in die Märkte einsteigen möchten?

Laut Herrn Heinrich kann er ein Vorbild sein. An der Börse, wie auch sonst überall, gibt es verschiedene Wege, die zum Ziel führen. Buffett ist unbestritten einer der besten Investoren aller Zeiten, jedoch hat er sein eigenes Konzept. Herr Heinrich glaubt, dass das Konzept zur eigenen Psyche passen muss. Wenn Investoren antizyklisch handeln wollen, müssen sie in der Lage sein, sich meistens mental gegen gewisse Themen abzuschotten. Dies ist ein Erfolgsrezept, jedoch hat auch Buffett Schwächephasen gehabt, bei denen es wichtig war, an dem Konzept festzuhalten.

Eine andere Variante könnte sein, als Trendfolger zu agieren. Mit dieser Strategie konnten letztes Jahr hohe Erfolge erzielt werden. Folglich gibt es ganz viele verschiedene Möglichkeiten. Wenn es zur eigenen Psychologie gut passt, dann ist Buffett mit Sicherheit kein schlechtes Vorbild.

Würden Sie sagen, es kommt schlichtweg auf Disziplin und Strategietreue an?

Ja, laut Herrn Heinrich ist das Entscheidende, einen Plan zu haben, diesen auch umzusetzen und ein Instrumentarium zu besitzen, das zur eigenen Persönlichkeit passt. Wenn Investoren Aktien beispielsweise nach Trendstärke oder relativen Stärke auswählen, werden sie sich mit einem antizyklischen Instrumentarium schwertun und umgekehrt genauso. Folglich sollten Investoren das Instrumentarium an der Börse finden, welches sie selbst gut umsetzen können, und anschließend sollten sie diszipliniert an ihrer Strategie festhalten.

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