Episode #077

Sanktionen gegen Russland: welche Wirkung haben sie? I Plutos

Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine haben zahlreiche westliche Länder eine Vielzahl an Sanktionen auf den Weg gebracht, um Russland wirtschaftlich und politisch entgegenzuwirken. Welche Wirkungen die Sanktionen gegen Russland haben, diskutieren unser Vorstand Kai Heinrich und Katrin Schaback im heutigen Podcast.

Aber wie genau sehen diese Sanktionen aus, was beinhalten sie?

Deutschland hat gemeinsam mit der EU und internationalen Partnern, allen voran den USA, mit scharfen Sanktionen auf den Angriff Russlands auf die Ukraine reagiert. Diese Sanktionen zielen darauf ab, die russische Wirtschaft sowie die russische Elite, zu den vor allem die Oligarchen gehören, massiv zu schwächen. Bereits mehrmals wurden diese Sanktionen verschärft, zuletzt im Rahmen des 9. Sanktionspakets der EU, welches am 17. Dezember in Kraft trat. Hinzu kommt der Preisdeckel, der neuerdings auf russischem Öl liegt. Die meisten Sanktionen, so auch die aktuellen, zielen auf die Bereiche Finanzen, Energie, Transport, Beschränkungen gegen Personen und Einrichtungen sowie Visabeschränkung ab.
Im Bereich der Finanzen bspw. werden russische Banken vom SWIFT-System ausgeschlossen. Konkret bedeutet dies, dass diese Institute von den internationalen Finanzströmen getrennt werden. Somit ist eine Teilnahme an internationalen Finanzmärkten quasi nicht möglich, wodurch ihr globales Agieren massiv eingeschränkt wird. Auch Transaktionen der russischen Zentralbank wurden unterbunden, Vermögenswerte eingefroren sowie russische Oligarchen ins Visier genommen. Kurzgefasst werden ca. 70 Prozent der russischen Banken und wichtige staatliche Unternehmen – vor allem aus dem Verteidigungsbereich – von den wichtigsten Kapitalmärkten abgeschnitten.

Wie sieht es mit Energie-Sanktionen aus?

Hier wurden insbesondere Exportverbote verhängt, die es Russland unmöglich machen, seine Ölraffinerien zu modernisieren. Des Weiteren wurden Importverbote für russische Kohle und per Schiff transportiertes russisches Öl verhängt. Somit verliert Russland Europa als wichtigsten und größten Rohstoffabnehmer. Zwar versucht Russland momentan alternative Abnehmer zu finden – allen voran China – dennoch ist es unwahrscheinlich, dass China Europa als größten Abnehmer ersetzen kann. Somit fehlen Russland Milliarden an Einnahmen, welche insbesondere für den kostspieligen Konflikt in der Ukraine benötigt werden.

Und weitere Bereiche?

Hierzu gehören vor allem Transportsanktionen. Der EU-Luftraum wurde für alle in russischem Besitz befindlichen, in Russland registrierten oder von Russland kontrollierten Flugzeuge geschlossen. Diese Flugzeuge sind somit nicht mehr in der Lage, im Gebiet der EU zu landen, zu starten oder es zu überfliegen. Auch der Export, Verkauf und die Lieferung oder Weitergabe von Flugzeugen und Ausrüstung an russische Fluggesellschaften ist untersagt. Da dreiviertel der russischen Verkehrsflugzeug-Flotte in der EU, den USA und Kanada gebaut werden, wird Russland wohl kaum in der Lage sein, seine Flotte nach internationalen Standards fortzuführen.
Neben Transportsanktionen sind vor allem Sanktionen bzgl. der sogenannten Schlüsselindustrien zu beachten. Der Zugang Russlands zu wichtigen Schlüsseltechnologien wie Halbleitern oder modernster Software wird beschränkt. Diese sind insbesondere für Kriegsgerät unverzichtbar und angesichts der hohen Verluste Russlands von Kriegsgerät, sind sie nur bedingt in der Lage Nachschub zu garantieren. Gleiches gilt für Exportverbote von Chemikalien, die Russland zum Bau von Waffen benötigt.

Sind erste Folgen dieser Sanktionen in Russland bereits zu beobachten?

Es sind definitiv bereits erste Folgen der westlichen Sanktionen zu spüren. Trotzdem zeigt sich die russische Wirtschaft robuster als gedacht. Endgültige Zahlen sind für das vergangene Jahr noch nicht veröffentlicht, allerdings gibt es Schätzungen der Weltbank nach denen die Importe von Russland 2022 um über 35 % zurückgehen und die Exporte um ca. 30 %. Allerdings musste auch der IWF seine Zahlen schon korrigieren. Dieser hatte der russischen Wirtschaft ein Minus von 7 % prognostiziert und musste zuletzt diese Prognose nach oben auf ein Minus von 3,5 % anheben. Auch die Inflationsraten in Russland scheinen sich zumindest relativ gesehen zu beruhigen. Im April hatten diese ihren Höchststand mit guten 17 % und sind nun auf ca. 12 % gesunken, was allerdings immer noch sehr hoch ist. Vor allem ein Blick an die Kapitalmärkte belegen die Wirkung der Sanktionen. Die russische Börse MOEX ist seit März 2022 drastisch abgestürzt. Zwischenzeitlich wurde sogar der Handel mehrere Tage ausgesetzt.
Es lässt sich also durchaus festhalten, dass die Sanktionen wirken und Russland zunehmend isolieren und schwächen.

Schadet Deutschland sich mit den Sanktionen nicht selber? Auch bei uns sind die Preise gestiegen…

Ein Großteil der steigenden Preise ist nicht auf die Sanktionen zurückzuführen. Die EU-Sanktionen spielen bei den hohen Preisen für Lebensmittel kaum eine Rolle. Die EU führt grundsätzlich keine Sanktionen ein, die die Versorgung mit Lebensmitteln treffen könnten. Der Preisanstieg war bereits letztes Jahr schon zu beobachten. Hierfür gibt es diverse Gründe. Zum einem hatten wir unterbrochene Lieferketten in der Corona-Pandemie, zum anderen hatten wir eine lange Dürreperiode, welche die Situation verschärft hat. Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die Situation dann noch einmal verschlimmert. Die Ukraine ist einer der größten Lieferanten von Nahrungsmitteln. Über mehrere Monate hat die russische Marine die Ukraine am Export gehindert, wodurch Preise auch bei uns angestiegen sind. Bei den Energiepreisen muss man differenzieren. Die Ölpreise stiegen bereits vor dem Krieg, aufgrund der Weltwirtschaft, welche sich von der Corona-Pandemie erholt und der damit einhergehenden steigenden Nachfrage. Der Anstieg der Gaspreise hingegen ist durchaus auf die Sanktionen gegen Russland zurückzuführen, da Russland als Reaktion den Gashahn zugedreht hat und damit das Angebot von Gas gezielt verknappt.

Wie lautet Ihr Fazit? Sollten wir an den Sanktionen festhalten?

Die beschlossenen Sanktionen zeigen durchaus ihre Wirkung und schaden Russland teilweise massiv, ökonomisch, militärisch sowie auch politisch. Dennoch bleibt die Frage, wie ein Ende dieses Konfliktes aussehen könnte bei dem sowohl die Ukraine als auch das russische Volk möglichst wenig Verluste ertragen müssen. Ob der aktuelle Weg der Sanktionen hierbei erfolgreich ist, werden wir abwarten müssen.

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