Episode #89

Glaubenssätze, die arm machen | Kai Heinrich

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Bei dem Thema Geld gibt es einige fatale Glaubenssätze, die dazu führen können, dass man arm bleibt oder sogar ärmer wird.

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Falsche Glaubenssätze, die arm machen.

Heute sprechen wir mit Kai Heinrich, Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG. Wir werden uns mit ihm über das Thema „Falsche Glaubenssätze, die arm machen“ unterhalten.

Das Sprichwort „Über Geld spricht man nicht“ ist uns allen bekannt und tatsächlich wird das Thema Geld ungern angesprochen. Dieses Phänomen ist in jeder Kultur und jedem Land verbreitet, aber in einigen Ländern herrscht besonders große Zurückhaltung in diesem Bereich. Dies kann jedoch nicht nur schade, sondern auch schädlich für Ihre Finanzen sein. In diesem Zusammenhang geht es heute um einige fatale Glaubenssätze, die dazu führen können, dass man arm bleibt oder sogar ärmer wird.

Die Frage, die sich stellt, ist, warum so viele Menschen ihre Finanzen aufgrund von Glaubenssätzen verwalten, anstatt kritisch zu hinterfragen und rational zu bleiben?

Das Kernproblem ist die finanzielle Bildung. Der Grundsatz „Über Geld spricht man nicht“ ist so tief in unserer Gesellschaft verankert, dass eine ausreichende finanzielle Bildung oder überhaupt eine finanzielle Bildung in beispielsweise Schulen fehlt. Dies hat zur Folge, dass Menschen eher auf das hören, was sie in ihrem Elternhaus und engerem Umfeld beobachtet haben, seit sie klein waren. Das große Problem ist, dass dem eigenen Umkreis oft selbst die finanzielle Bildung fehlt, um vollständig rationale Entscheidungen zu treffen. Das Thema Geld ist und bleibt ein emotionales Thema – schließlich ist es hart erarbeitetes Geld und es soll möglichst sicher sein.

Unter dem Stichpunkt „Sicherheit“ wird oft argumentiert, dass Aktien nur für Reiche oder risikofreudige Spieler geeignet seien. Wie könnte man diesen Behauptungen widersprechen?

Der Stereotyp eines Aktionärs ist häufig ein reicher Anzugträger mit einem schicken Büro im höchsten Stockwerk und mit einem oder sogar mehreren teuren Autos in der Garage. Diese Vorstellung ist jedoch unzutreffend und nicht für die breite Masse an Aktionären repräsentativ.

Aktionäre sind in Wirklichkeit jene, die sorgfältig über Unternehmen und Märkte recherchieren und ihr hart verdientes Geld in Aktien investieren, weil sie die Zukunft und das Potenzial entsprechender Unternehmen sehen. Alternativ sind es indirekte Anleger, welche durch beispielsweise Fonds ein Vermögen aufbauen, erhalten oder Einkommen schaffen.

Es mag zwar verlockend klingen, an die Zukunft eines oder mehrerer Unternehmen zu glauben und am langfristigen Wirtschaftswachstum teilhaben zu wollen, aber dennoch fürchten viele Menschen die Schwankungen.

Das Investieren in Aktien birgt Risiken, aber genau diese Risiken bieten auch die Möglichkeit für eine höhere Rendite. Nicht ohne Grund wird die Rendite oft auch als Risikoprämie bezeichnet.

Durch eine langfristige und breite Diversifikation kann das Risiko minimiert werden. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass historisch betrachtet das Portfolio nach 15 Jahren immer im Plus war. Das bedeutet, dass es selbst bei einem Investitionszeitpunkt zum Höchstkurs vor der Weltwirtschaftskrise nicht möglich war, als langfristiger und gut diversifizierter Investor Geld zu verlieren.

Rein mit Blick auf die Vergangenheit lässt sich sagen: Langfristige Aktienanlagen sind risikolos, denn das Risiko liegt in der Kurzfristigkeit. An dieser Stelle möchte ich gerne betonen, dass die Vergangenheit jedoch keine Garantie für die Zukunft ist. Nur weil etwas früher gut lief, heißt es nicht, dass es auch in Zukunft so weiterlaufen wird. Ich empfehle an dieser Stelle unseren Blogbeitrag zum sogenannten „Recency Bias“.

Trotzdem gilt: Wenn man davon überzeugt ist, dass die Weltwirtschaft auch in Zukunft weiterwachsen wird und die Unternehmen Gewinne erzielen werden, kann man durch eine Investition in Aktien an diesen Gewinnen partizipieren und seinen Anteil vom Kuchen erhalten.

Das klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein. Deutschland ist im Vergleich zu anderen EU-Ländern oder den USA besonders Aktienscheu. Welche Gründe gibt es hierfür?

Viele Menschen haben in der Vergangenheit kein Interesse an Aktien gezeigt, da sie es unwichtig erachteten, sich mit dieser Anlageform auseinanderzusetzen. Der Zugang zu Aktien war früher auch schwieriger und teurer als heute. Zusätzlich ist es wichtig zu erkennen, dass es früher auch wesentlich höhere Zinsen auf Tagesgeld oder Anleihen gab. Das Sparbuch mit 0 Prozent oder sogar Negativzinsen war nicht vorstellbar. Nichtsdestotrotz, selbst in den vergangenen Dekaden wäre die Investition in Aktien mit mehreren hundert bis tausend Prozent Rendite (kumuliert) deutlich über den Zinsen der Masse an festverzinslichen Wertpapieren gewesen.

Hinzu kommt ein wesentlicher Katalysator der Aktienscheu: Die Dotcom-Krise. Diese hat bei vielen eine negative Einstellung zum Thema „Aktien“ hinterlassen, da viele Anfänger in dieser Zeit hohe Verluste erlitten haben. Die meisten sind auf den Hype der Internet-Aktien aufgesprungen und haben im wahrsten Sinne des Wortes gezockt. Ein Fehler war, dass sie zu sehr auf Einzelaktien gesetzt und ihre Investition nicht ausreichend diversifiziert haben. Heutzutage gibt es viele Titel, die immer noch weit von ihrem Allzeithoch entfernt sind. Wenn Anleger ihr Geld aus diesen Unternehmen abziehen, basiert dieses Verhalten oft nur auf Emotionen und hat nichts mit langfristigem Investieren zu tun.

Es ist leider immer wieder zu beobachten, dass ein Mangel an Finanzwissen und mangelnde Erfahrung am Aktienmarkt oft dazu führen, dass Anleger Geld verlieren. Viele springen unbedacht auf Hypes auf, kaufen zu teuer und verkaufen zu billig, wenn es zu Krisen kommt. Im Grunde haben die meisten Anleger während der Dotcom-Krise genau das Gegenteil von dem getan, was man ausdrücklich empfehlen würde.

Viele scheinen sich vor allem von den kurzfristigen Schwankungen am Aktienmarkt verunsichern zu lassen. Die Angst, genau in einem Moment Geld benötigen zu müssen, in dem das Depot tief im Minus steht, ist groß. Doch gibt es Wege, diese Sorge zu mindern, oder ist man dem Aktienmarkt und seinen Schwankungen schutzlos ausgeliefert?

Möglichkeiten gibt es viele: Derivate werden oft von institutionellen Anlegern, wie uns, eingesetzt, um Risiken in turbulenten Zeiten zu minimieren. Ein Kurseinbruch wird auf diese Weise erheblich abgedämpft. Fakt ist aber: Keiner kann die Zukunft sicher vorhersagen. Zwar können wir auf diese Weise unkontrollierte Kursstürze vermeiden und das Depot weitestgehend stabil halten, aber völlig ohne Schwankungen geht es natürlich nicht.

Wie bereits erwähnt, erfordert eine langfristige Investition die Fähigkeit, kurzfristige Schwankungen auszuhalten, auch wenn diese durch aktives Management minimiert werden können. Eine solche Anlagestrategie ist jedoch unverzichtbar, denn was wäre die Alternative? Schließlich wird das Geld auf einem Tagesgeldkonto langsam, aber sicher von der Inflation entwertet. Dies kann man mit einem jährlichen Verlust von -2 % oder sogar, wie es derzeit der Fall ist, -7 % vergleichen.

Für Anleger, die ihr Geld mittel- bis langfristig anlegen möchten und nicht kurzfristig darauf angewiesen sind, wäre es unvernünftig, es auf dem Tagesgeldkonto zu parken.

Zwar ist die Aktionärsquote in den letzten Jahren und Jahrzehnten allmählich gestiegen, jedoch immer noch weit hinter anderen Nationen. Neben dem Sparbuch oder risikoarmen Anleihen investieren die Deutschen lieber in Immobilien. Mieten, so wird es oft gesagt, sei rausgeschmissenes Geld. Inwiefern ist diese These begründet?

Das Besitzen einer eigenen Immobilie wird von einigen als Zeichen von Erfolg angesehen. Es wird oft argumentiert, dass eine Immobilie als Anlageform nicht an Wert verlieren kann. Allzu oft wird empfohlen, den eigenen Kredit zurückzuzahlen, anstatt Miete an einen Vermieter zu zahlen.

Tatsächlich kann der Wert einer Immobilie genauso schwanken wie der Wert einer Aktie. Historisch betrachtet waren Immobilien auch nicht gerade eine schwankungsarme Anlageklasse. Allerdings ist der Wert einer Immobilie nur selten bekannt, da er in der Praxis nur bei einer Transaktion ermittelt wird. Dies macht das Investment jedoch nicht automatisch sicherer oder rentabler. Wer einen großen Teil seines Vermögens in eine einzige Immobilie investiert, geht ein hohes Risiko ein – nämlich ein sogenanntes Klumpenrisiko. Fast das gesamte Vermögen steckt in einer einzigen Immobilie, an einem Ort, in einem Land. Wer sagt denn, dass genau diese Immobilie mit den gegebenen technischen Daten in genau jener Lage solide ist? Abwanderung, regionale und globale Konjunkturbedingungen sowie Zinsänderungen: Es gibt viele Faktoren, die den Immobilienpreis beeinflussen können – positiv als auch negativ.

Eine Immobilie, die man selbst bewohnt und nicht verkaufen möchte, kann auf den ersten Blick zwar kostenfrei erscheinen, wenn der Kredit vollständig getilgt ist. Jedoch fallen immer noch Betriebs- und Instandhaltungskosten an.
Ob mieten oder kaufen sinnvoller ist, hängt von vielen Faktoren ab und muss am Ende des Tages individuell bestimmt werden.

Die eigene Immobilie wird für viele Menschen als wichtiger Baustein für die Altersvorsorge angesehen. Doch in Bezug auf das Thema Rente gibt es oft kontroverse Diskussionen. Die Frage nach der Sicherheit der Rente ist dabei ein wichtiger Faktor.

Die Überzeugung, dass die gesetzliche Rente im Alter ausreichend finanzielle Sicherheit bieten wird, wurde längst widerlegt. Die gesetzliche Rente als Umlagerente, bei der die Renten der im Ruhestand befindlichen Personen von den aktuell Erwerbstätigen finanziert werden, ist aufgrund des Rückgangs der Geburtenraten und einer gestiegenen Lebenserwartung nicht mehr tragfähig. Früher funktionierte dieses Konstrukt, wenn es deutlich mehr Erwerbstätige als Rentner gab. Doch die Altersverteilung hat sich bereits heute von einer pyramidenförmigen zu einer urnenförmigen Verteilung gewandelt und die Alterung der Gesellschaft wird sogar noch gravierendere Ausmaße annehmen. Es ist keine Trendwende in Sicht und spätestens mit dem Renteneintritt der Babyboomer drohen ernsthafte Konsequenzen für unser aktuelles Rentensystem.

Andere Rentenkonzepte werden in der Politik zwar diskutiert, aber ob und wann eine bessere Alternative kommt, ist unklar. Der einzige effektive Schutz für das Alter ist, selbst für ausreichenden Puffer im Alter zu sorgen und unabhängig von anderen zu sein.

Viele schwören vor allem auf die Riester Rente. Ist das „die bessere Form“ der Rente?

Die Riester Rente war als staatlich geförderte private Altersvorsorge konzipiert, die Anreize zum Sparen schaffen sollte. Die aktuellen Diskussionen über ihre mögliche Abschaffung oder Ersetzung durch ein neues Modell, deuten jedoch darauf hin, dass sie bislang nicht den gewünschten Erfolg erzielen konnte. Um von der Riester Rente zu profitieren, muss man einen Riester-Vertrag mit einer Rentenversicherung oder einen Riester-Fondssparplan abschließen und erhält neben der Rendite aus dem angesparten Vermögen auch eine staatliche Förderung.

Eine der Herausforderungen der Riester Rente ist die Kapitalgarantie, die sicherstellen soll, dass Einzahlungen und staatliche Förderungen bei Renteneintritt zur Verfügung stehen. Dies führt jedoch häufig zu einer risikoarmen Anlage des Vermögens und damit zu geringen Renditen. Zudem können bei Riester-Verträgen hohe Gebühren anfallen, die teilweise sogar höher sind als die staatliche Förderung, wie eine Untersuchung von Ökotest gezeigt hat.

Anstatt das eigene Geld den Banken und Versicherungen zu überlassen, die es aufgrund von zu großer Risikoaversion nur begrenzt gewinnbringend investieren, empfiehlt es sich, in Aktien und gegebenenfalls Anleihen zu investieren. Wie bereits erwähnt, ist eine gut diversifizierte und langfristige Anlage in Aktien mit einem minimalen Risiko verbunden. Historisch gesehen betrug das Risiko nach 15 Jahren sogar null.

Investmentreport 2021: Rettung der Weltwirtschaft

Das Corona-Jahr 2020 war von Lockdowns, einem rapiden Einbruch der Wirtschaftsentwicklung und dem Hoffen und Bangen auf der Suche nach Impfstoffen geprägt. Erfahren Sie mehr über den Ausblick und unsere Strategie für das Jahr 2021.

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