Episode #082

Bankenpleite in den USA | Kai Heinrich

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In unserem heutigen Podcast spricht unser Vorstand Kai Heinrich mit Marius Becker über der aktuellen Bankenpleite in den USA.

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Die Ereignisse rund um die Silicon Valley Bank haben sich in den letzten Tagen überschlagen. Binnen weniger Stunden verlor die Aktie knapp 60 %. Die US-Aufsichtsbehörden haben daraufhin die in Schieflage geratene Bank vorerst dichtgemacht. Dies schürt Ängste vor einer neuen Finanzkrise. Schnell machte sich Panik breit, sowohl an den globalen Kapitalmärkten als auch bei den Kunden der Bank, zu welchen überwiegend kleinere Start-up-Unternehmen gehören. Aber was genau ist passiert? Welche Konsequenzen drohen? Sehen wir ein weiteres Lehman Brother Szenario?

Zuerst aber die Frage, wer oder was genau ist eigentlich die Silicon Valley Bank, Herr Heinrich?

Die Silicon Valley Bank ist eine der wichtigsten Banken für Start-ups, also Unternehmen in der Frühphase. Start-ups parken hier u.a. frisches Geld aus Kapitalrunden. Die Einlagen betragen insgesamt 175 Milliarden Dollar. Die in den 1980er Jahren gegründete Bank ist überwiegend auf Hightech-Unternehmen und Start-ups spezialisiert und unterstützt diese auch im Rahmen von Finanzierungen. Somit ist sie ein äußerst wichtiger Geldgeber. Genau aus diesem Grund ist sie auch im kalifornischen Santa Clara ansässig, mitten im Zentrum des Silicon Valleys, welches als Mekka der US-amerikanischen Start-up-Szene bekannt ist. Inzwischen zählt die Silicon Valley Bank zu den 20 größten Geldhäusern in den USA. Über die letzten Jahre expandierte die Bank international und hat u.a. auch in Frankfurt eine Dependance. Neben Start-ups ist sie ebenfalls der Bankpartner für fast 50 % der US-amerikanischen risikokapitalfinanzierten Technologie- und Gesundheitsunternehmen, die 2022 an der Börse notiert wurden.

Warum steckt die Bank derzeit in Schwierigkeiten?

Auslöser der aktuellen Lage war die überraschende Ankündigung der Bank, sie bräuchte frisches Kapital von ihren Investoren. Dieser Schritt sei notwendig, um Verluste in einstelliger Milliardenhöhe auszugleichen, welche das Institut im Rahmen des Verkaufs von Anleihen, welche mit Einlagen der Kunden erworben wurden, erlitten hat. Nun war die SVB offenbar gezwungen diese Anleihen zu verkaufen. Warum? Anscheinend benötigen Start-ups und Hightech-Firmen aktuell besonders viel Geld. Verglichen zu den Jahren 2020 und 2021 war dieses aber im letzten Jahr aufgrund steigender Zinsen und Verunsicherung unter Venture-Capital-Gebern nur sehr schwer zu bekommen. Diese Geldknappheit hatte nun zur Folge, dass viele junge Firmen auf ihre Einlagen zurückgreifen mussten, welche bei der SVB geparkt waren. Somit war die Bank gezwungen, die Anleihen zu verkaufen. Der Kurs dieser Anleihen war aber aufgrund der zuletzt stark steigenden Zinsen gefallen, denn je höher die neuen Zinsen, desto unattraktiver werden Anleihen zum alten Zins. So begründet sich der Verlust von knapp 2 Milliarden Euro. Versuche der SVB 2,3 Milliarden US-Dollar durch Aktienverkäufe aufzubringen, um diese Verluste auszugleichen, blieben erfolglos.

Welche Folgen hat dies für Start-ups?

Eine ganz offensichtliche Folge ist, dass Start-ups aktuell nach wie vor Probleme haben, auf ihre Einlagen zuzugreifen. Start-ups, welche eigentlich für hohe Ausgaben (Burn Rates) bekannt sind, benötigen ihr Geld dringend, um das Geschäft am Laufen zu halten. Peter Thiel, legendärer Venture-Capital-Investor im Silicon Valley, riet allen Unternehmen ihr Geld dort abzuziehen, größtenteils jedoch ohne Erfolg. Mehrere Tausend Start-ups sind Kunde bei der SVB. Zusammen beschäftigen diese kleinen Firmen weit über 100.000 Mitarbeiter, deren Löhne laut Stand jetzt nicht bezahlt werden können. Dies könnte zu einem riesen Problem für die ganze Volkswirtschaft führen, sollte sich daraus eine resultierende Kündigungswelle ergeben. Viele Start-ups fürchteten, einen Großteil ihrer Einlagen gar nicht mehr zu sehen. Dieses worst-case-Szenario wurde aber von Frau Yellen, Finanzministerin der USA, bereits abgewendet. Sie kündigte an, allen Kunden der SVB sämtliche Einlagen in voller Höhe zurückzuzahlen. Eine Rettung der Bank schloss sie jedoch kategorisch aus.

Sind auch deutsche Start-ups gefährdet?

In Europa gehören beinahe 4.000 Unternehmen zu den Kunden der SVB, wobei ca. zehn Prozent ihren Sitz in Deutschland haben. Somit ist es durchaus vorstellbar, dass wir ebenfalls hier in Deutschland die Konsequenzen dieser Entwicklung sehen werden.

Wie sieht es mit anderen Großbanken aus? Droht ein neues Lehman Brother Szenario?

Allein die vier größten Banken der Wallstreet (JPMorgan, Bank of America, Wells Fargo und Morgan Stanley) verloren über 55 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung. Auch in Deutschland wurden die Großbanken von der Panikwelle überrollt. Die Commerzbank verlor zwischenzeitlich über 10 % an einem Tag, bei der Deutschen Bank sah es ähnlich aus. Auch wenn es sich um die größte Bankenpleite seit 2008 handelt, ist ein Eintritt einer globalen Finanzkrise wie damals eher unwahrscheinlich. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht keine Anzeichen, dass sich die Krise global ausweiten könnte. Die SVB gefährdet somit den internationalen Kapitalmarkt nicht. Ihr Klumpenrisiko aus der Start-up-Finanzierung ist untypisch für den Bankensektor. Die Tochter der SVB mit Sitz in Großbritannien wurde von der Großbank HSBC für einen Pfund übernommen, womit die Start-up-Szene auch in Großbritannien aufatmen konnte. Auch der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hält die direkten Folgen für Deutschland begrenzt: „Die deutschen Banken sind robust, stabil und widerstandsfähig“, so der BdB: „Durch den Zusammenbruch der Bank gibt es keine Auswirkungen auf das deutsche Bankensystem. Auch die deutsche Einlagensicherung ist nicht gefragt.“

Was kann man an der Börse erwarten?

Die Sorgen um das US-Banksystem machen auch die Anleger in Deutschland nervös. Der DAX verlor am Montag, den 13. März 2023 über 3 % und fiel auf unter 15.000 Punkte. Es bleibt durchaus abzuwarten, wie sich die kommenden Wochen an der Börse gestalten. Die Unsicherheit wird definitiv noch etwas andauern.

Vielen Dank, Herr Heinrich und bis zum nächsten Podcasts.

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