Konjunktur & Rentenmärkte
Die EZB sieht sich, folgt man den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde, geldpolitisch gut positioniert. Mit Blick auf die Preisentwicklung ist die Aussage sicherlich korrekt. Die Inflation ist nach den Exzessen 2022/23 wieder bei 2 %, also im Zielbereich. Der geldpolitische Rat hat in der vergangenen Woche die Zinsen zum achten Mal in Folge gesenkt. Damit kommt nach Lagardes Einschätzung der geldpolitische Zyklus zu einem Ende. Eine weitere Senkung im Jahresverlauf ist zwar denkbar, aber ein kräftiger positiver Impuls geht von der Geldpolitik nicht aus und wird auch in den kommenden Monaten nicht ausgehen. Die für die Konjunktur entscheidenden Kapitalmarktzinsen sind seit Ende 2022 weitgehend konstant. Um einen positiven Effekt zu erzeugen, müsste die EZB die Märkte mit unerwarteten Zinssenkungen überraschen. Das entspricht aber nicht der geldpolitischen Praxis der EZB.
Die deutschen Konjunkturdaten zur Produktion und zu den Exporten im April fielen etwas schwächer aus als erwartet. Nach kräftigen Zuwächsen im März fiel die Produktion um 1,4 % zurück und die Exporte um 1,7 %. Die Bestellungen stiegen dagegen erneut an – um 0,6 %. Nach unserer Bewertung zeigen die genannten Konjunkturdaten eine Normalisierung nach der kurzen Sonderkonjunktur, die durch Vorziehen von mit Zöllen bedrohten Exporten entstanden ist. Die Chance auf eine Erholung im Jahresverlauf bleibt bestehen.
Mit 139.000 lag der Stellenzuwachs in den USA im Mai über den Erwartungen, obwohl die Indikation durch die ADP-Zahlen einen schwachen Stellenzuwachs erwarten ließ. Die Prognosekraft der ADP-Zahlen ist erfahrungsmäßig sehr begrenzt. Auch die Löhne und die geleisteten Arbeitsstunden zeichnen ein positives Bild. Im Gegensatz dazu droht der US-Konjunktur gemessen am ISM-Index eine Abkühlung. Sowohl der Index für das verarbeitende Gewerbe (48,5 Punkte) als auch der Dienstleistungsindex (49,9 Punkte) zeigen eine Stimmungseintrübung.
Die USA erheben seit Mittwoch (4. Juni) Zölle auf Stahl und Aluminium in Höhe von 50 % (bislang 25 %). Kanada und Mexiko sind von dieser Zollerhöhung besonders betroffen. An den Märkten werden zwar zunehmend die negativen Effekte für die USA fokussiert. Beispielsweise bedeuten die Zölle erheblich höhere Kosten für die Automobilproduzenten. Aber auch die Handelspartner sind betroffen. Weltweit sind erste negative Folgen der US-Handelspolitik erkennbar. Beispielsweise fiel der chinesische Einkaufsmanagerindex (Caixin) von 50,4 auf 48,3 Punkte zurück. In Australien ging das BIP-Wachstum von 0,6 % im vierten Quartal 2024 auf 0,2 % im ersten Quartal 2025 zurück. Auch wenn es wahrscheinlich zu Vereinbarungen der USA mit seinen Handelspartnern kommen wird und zu entsprechend positiven Reaktionen an den Börsen, werden weltweit – ähnlich wie 2020/21 – dysfunktionale Lieferketten die Weltwirtschaft belasten.
Elon Musk hat die Ausgabenpolitik von Donald Trump unerwartet deutlich kritisiert. Er hat Recht mit seiner Kritik: Das zur Abstimmung gestellte Steuer- und Ausgabengesetz dürfte das staatliche Defizit von zuletzt 6,7 % Richtung 8 % erhöhen und u. a. Inflationsrisiken mit sich bringen. Die größte Gefahr schlechter Wirtschaftspolitik ist, wenn sie zu steigenden Preisen bei sinkender Beschäftigung führt (Stagflation). Elon Musk fragt auf seiner Social-Media-Plattform X per Abstimmung die Nutzer, ob es an der Zeit sei, eine neue politische Partei in den USA zu gründen, die jene 80 % der Bevölkerung in „der Mitte“ vertritt.
Südkoreas neu vereidigter liberaler Präsident Lee Jae Myung will die Demokratie in seinem Land wiederbeleben und eine pragmatische, marktfreundliche Politik machen. Innovationen und Wachstum sollen durch Deregulierung angeschoben werden. Der Dialog mit Nordkorea soll wieder aufgenommen werden, während dem Präsidenten das Sicherheitsbündnis mit den USA wichtig bleibt.
Die Intensität der kriegerischen Konflikte im Gazastreifen und in der Ukraine hat trotz Friedensbemühungen leider in der vergangenen Woche zugenommen.
Aktienmärkte
Das Gesamtbild der Aktienmärkte hat sich in der zurückliegenden Woche kaum verschoben: wieder ein Rekord beim DAX (5. Juni, 24.324 Punkte). Wieder neue Meldungen zur US-Zollpolitik. Deutliche Kursgewinne konnten der DAX (+1,3 %), der Russel 2000 (+3,2 %) und der MSCI Emerging Markets Index (+1,9 %) erzielen. Während der Gesamtmarkt gemessen am MSCI World Index um 1,0 % zulegte.
Allianz Global Investors öffnet einige ESG-Fonds für Rüstungswerte. Erste derartige Investments sollen noch vor Jahresende getätigt werden können. In den Euro-Stoxx-50 steigt Rheinmetall auf und ersetzt Kering. Grundlage ist die „Fast-Entry“-Regel. Auch im breiten Stoxx-Europe-600 gibt es Änderungen – unter anderem wird Bilfinger aufgenommen. Die Umsetzung erfolgt zum Schlusskurs am 20. Juni, wirksam ab 23. Juni.
Einzelwerte
Mit der Übernahme der US-Biopharmafirma Blueprint Medicines will der Pharmakonzern Sanofi sein Arzneimittelangebot erweitern. Die Übernahme beschleunigt die Transformation mit dem Ziel von Sanofi, weltweit führender Anbieter von Immuntherapien zu werden. Geboten werden 129 US-Dollar je Aktie in bar, insgesamt rund 9,1 Mrd. US-Dollar. Weitere bis zu sechs US-Dollar je Aktie könnten hinzukommen, sollten bei neuen Medikamenten Entwicklungsziele erfolgreich erreicht werden. Die Aktie von Blueprint hatte zuvor bei 101,35 US-Dollar geschlossen.
Um gut 18 % legten die US-notierten Aktien des Biotechunternehmens BioNTech zu. Grund ist die geplante Vermarktung des experimentellen Krebsmedikaments BNT327 gemeinsam mit dem US-Pharmariesen Bristol Myers Squibb.
Für das Blockbuster-Krebsmedikament Nubeqa erhielt Bayer in den USA die Zulassung für die Behandlung von metastasiertem kastrationssensiblem Prostatakrebs. In den USA war das Medikament bislang nur für nicht-metastasiertem Prostatakarzinom zugelassen.
Hewlett Packard Enterprise (HPE) profitiert unverändert vom KI-Boom. Das Unternehmen schnitt im zweiten Quartal besser als erwartet ab – dank eines Sparprogramms und trotz schwachen Jahresstarts. Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern mit einem bereinigten Ergebnis je Aktie von 1,78 bis 1,90 US-Dollar (zuvor ab 1,70 US-Dollar). Der Umsatz stieg um knapp 6 % auf 7,6 Mrd. US-Dollar. Den Umsatz-Ausblick passte HPE an: Nun wird mit 7 % bis 9 % Wachstum gerechnet statt zuvor 7 % bis 11 %. Die neue Schätzung berücksichtigt, dass einige Geschäftsabschlüsse im KI-Bereich noch nicht sicher sind. Die Wettbewerber Dell und Super Micro Computer setzen HPE unter Druck. Im Dreimonatszeitraum bis Ende April verbuchte HPE einen Nettoverlust von 1,05 Mrd. US-Dollar, nach einem Gewinn von 314 Mio. US-Dollar im Vorjahreszeitraum. Grund war eine Abschreibung auf die Hybrid-Cloud-Einheit von 1,36 Mrd. US-Dollar. Der bereinigte Gewinn je Aktie lag mit 0,38 US-Dollar über den Erwartungen.
Einen deutlichen Gewinnrückgang verzeichnete Voestalpine im Geschäftsjahr 2024/25. Der Gewinn (EBITDA) sank von 1,7 auf 1,3 Mrd. Euro, der Nettogewinn fiel auf 179 Mio. Euro und der Umsatz fiel um 5,6 % auf 15,7 Mrd. Euro. Die Dividende wurde auf 0,60 Euro je Aktie gesenkt. Gründe waren das schwierige Marktumfeld, interne Restrukturierungen und negative Sondereffekte. So wurde etwa die Tochter Buderus Edelstahl verkauft. Für 2025/26 wird ein EBITDA von 1,4 bis 1,55 Mrd. Euro erwartet. US-Zölle auf Stahl dürften das Ergebnis mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag belasten.
Einen Umsatz von rund 15,8 Mrd. US-Dollar erwartet Broadcom im dritten Quartal – mehr als Analysten prognostiziert hatten. Der Chiphersteller setzt auf starke Nachfrage nach seinen Netzwerk- und KI-Chips. Im zweiten Quartal lag der Umsatz bei 15 Mrd. US-Dollar. Bereits zuvor hatte Broadcom durch die KI-Nachfrage starke Zahlen vorgelegt. Kunden erhalten dabei speziell für sie entwickelte Chips als günstigere Alternative zu Nvidia.
Vor gravierenden Folgen für sich und ihre Kunden warnte Delta Air Lines angesichts geplanter US-Zölle auf importierte Flugzeuge und Teile. Die Airline aus Atlanta sieht sich gezwungen, keine Maschinen aus dem Ausland mehr zu bestellen und womöglich Flüge zu streichen. Dies geht aus einem Antrag beim US-Handelsministerium hervor.
Mit Nachdruck will Siemens Energy die Ertragskraft der Windkraftsparte Gamesa verbessern. Besonders im Offshore-Bereich sei Potenzial. Im Onshore-Bereich legt Gamesa den Fokus auf guten Service. Sollte das Windgeschäft langfristig keine zweistelligen Margen erreichen, seien andere Optionen nicht ausgeschlossen, meinte Konzernchef Christian Bruch, ohne dabei genauer zu werden.
Märkte in der vergangenen Woche
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