Immobilienbewertung – Sachwert-, Ertragswert- und Vergleichswertverfahren

Immobilien bewerten
Möglichst viel Immobilie für möglichst wenig Geld: Um einen guten Deal zu machen, müssen Käufer genau wissen, wie viel ihr Wunschobjekt wert ist. Gutachter können bei der Wertermittlung auf verschiedene, gesetzlich genau vorgeschriebene Bewertungsmethoden zurückgreifen. Wir erklären, welche es gibt und für welche Objekte sie sich eignen.

Inhaltsverzeichnis

Wer eine Immobilie erwerben möchte, muss wissen, ob das Wunschobjekt wirklich sein Geld wert ist. Eine professionelle Wertermittlung durch einen Gutachter hilft dabei, eine fundierte Einschätzung zu treffen und etwaige verborgene Mängel zu identifizieren. Die verschiedenen Möglichkeiten, den aktuellen Verkehrswert einer Immobilie zu ermitteln, stellen wir Ihnen in diesem Beitrag vor.

Bewertungsverfahren im Überblick

In Deutschland gibt die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vor, wie Grundstücke und Gebäude zu bewerten sind. Diese erlaubt in Deutschland drei Bewertungsverfahren: Sachwert-, Vergleichswert- und Ertragswertverfahren.

Das Sachwertverfahren stellt auf den Wert der Immobilie losgelöst vom Immobilienmarkt ab und berücksichtigt dabei Lage, bauliche Besonderheiten, Bauqualität und Alter des Objekts. Das Ertragswertverfahren bestimmt den Wert einer Immobilie auf Basis der Rendite, die sich durch das Vermieten oder Verpachten langfristig erzielen lässt. Das Vergleichswertverfahren zieht reale Immobilienpreise heran, die für gleichartige Objekte erzielt wurden. Die Verfahren lassen sich auch miteinander kombinieren, um ein verlässlicheres und aussagekräftigeres Ergebnis zu erzielen. Dafür wird gewöhnlich der Durchschnittswert aus dem Ergebnis zweier Verfahren gebildet.

Im Folgenden stellen wir die drei in Deutschland anerkannten Bewertungsverfahren vor. Darüber hinaus gibt es auch noch international anerkannte Bewertungsmethoden, die für Objekte auf dem weltweiten Immobilienmarkt zum Ansatz kommen können.

In jüngster Zeit allerdings stiegen die Verbraucherpreise auf Rekordhöhe. Die Begründungen sind vielseitig: Neben der dauerhaft lockeren Geldpolitik und den niedrigen Zinsen sollen auch realwirtschaftliche Gründe, wie die Covid-Pandemie und der Ukrainekonflikt, die Preise in die Höhe getrieben haben. Die Menge an Inflationskatalysatoren bringt die Zentralbanken in eine unangenehme Lage – vor allem die EZB: Zum einen bricht die Inflation sämtliche Rekorde, zum anderen droht eine Rezession und Probleme in der Tilgung der Staatsschulden.

Welches Verfahren eignet sich wofür?

Jedes der drei Bewertungsverfahren hat seine Vor- und Nachteile und ist für bestimmte Immobilientypen besonders geeignet. Andersherum lässt sich nicht jedes Verfahren für jedes Objekt anwenden. Das Ertragswertverfahren lässt sich beispielsweise nur auf Renditeobjekte anwenden und das Vergleichswertverfahren eignet sich nicht für einzigartige Immobilien.

Arten zur Bewertung von Immobilien
Bewertungsverfahren im Überblick

Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren geht der Frage nach dem materiellen Wert einer Immobilie nach: Was würde es kosten, dasselbe Objekt heute erneut herzustellen? Dafür berechnet der Gutachter den Wiederbeschaffungswert auf Grundlage des Grundstückswertes sowie der Herstellungskosten von Immobilie und Außenanlagen.

So funktioniert die Berechnung:

Der Grundstückswert ergibt sich aus dem Bodenrichtwert. Das ist der Verkaufspreis pro Quadratmeter, der durchschnittlich in der jeweiligen Lage gezahlt wird. Dieser wird auf Basis tatsächlicher Kaufpreise und lagetechnischer Besonderheiten von örtlichen Gutachterausschüssen ermittelt.

Um den Wert des Gebäudes zu berechnen, werden die Herstellungskosten pro Flächeneinheit ermittelt. Dabei müssen viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, zum Beispiel die Art Immobilie, eine mögliche Unterkellerung oder der Ausbau des Dachgeschosses, die Bausubstanz der Wände oder die Qualität der Ausstattung wie Türen, Fenster oder Sanitäranlagen. Erfolgte Sanierungsmaßnahmen oder besondere Ausstattungsmerkmale wie ein Kamin beeinflussen ebenfalls diese angenommenen Herstellungskosten. Von dem so ermittelten Gebäudewert zieht der Gutachter nun je nach Alter der Immobilie einen bestimmten Prozentsatz ab. Der Grundstückswert bleibt davon unberührt.

Oft entsprechen die so ermittelten Ersatzbeschaffungskosten nicht dem, was am Markt tatsächlich für eine Immobilie bezahlt wird. Der Wert wird deswegen noch mit dem sogenannten Marktanpassungsfaktor an die Bedingungen des lokalen Immobilienmarktes angeglichen. Dieser berücksichtigt das Verhältnis zwischen in der Vergangenheit ermittelten Sachwerten und tatsächlichen Kaufpreisen in einer Region und wird von regionalen Gutachterausschüssen berechnet.

Kritik am Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren eignet sich für alle Immobilienarten, stößt aber bei modernen Konstruktionsmethoden wie Passivhäusern an seine Grenzen. Es fehlt teilweise noch eine verlässliche Datenbasis für die Bewertung. Trotz der Anpassung sind die ermittelten Preise teilweise unrealistisch und am Markt nicht erzielbar.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren kann bei allen Immobilien zur Anwendung kommen, deren Nutzungszweck das Erzielen von Gewinnen ist. Dabei wird die Frage betrachtet: Wie viel Gewinn kann der Käufer mit dem Objekt erzielen? Die Rendite bestimmt also den Wert der Immobilie.

So funktioniert die Berechnung:

Die Wertermittlung erfolgt anhand der erzielbaren Erträge aus Vermietung und Verpachtung der Immobilie. Von ihnen werden die Bewirtschaftungskosten abgezogen, um den tatsächlichen Ertrag zu ermitteln. Dieser Gebäudeertragswert wird dann auf die verbleibende Nutzungsdauer hochgerechnet. Der Gutachter nutzt dafür den sogenannten Vervielfältiger, der die marktübliche Verzinsung einer Immobilie (Liegenschaftszins) und deren Restnutzungsdauer einbezieht. Mit Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen lässt sich die Restnutzungsdauer und damit der Verkehrswert eines älteren Gebäudes deutlich erhöhen.

Eine der wichtigsten Stellschrauben bei der Ertragswertermittlung ist der Liegenschaftszins. Ähnlich wie Zinsen bei der Geldanlage indiziert dieser das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko. Je höher er ist, desto größer sind die Renditemöglichkeiten, aber auch das Risiko einer Immobilie: Ein hoher Liegenschaftszins kann zum Beispiel auf eine hohe Mieterfluktuation oder Leerstandsrisiken hinweisen. Wie hoch dieser in bestimmten Regionen ist, ermitteln Gutachterausschüsse. Aber nicht immer liegen Zinssätze vor, die sich in der Praxis auf eine Immobilie anwenden lassen. Deswegen kann ein Gutachter auch andere Vergleichswerte heranziehen und den Liegenschaftszins nach eigenem Ermessen bestimmen. Liegen überhaupt keine Daten vor, so schreibt die ImmoWertV einen Zinssatz von 5 % bei Wohnimmobilien und 6,5 % bei Gewerbeimmobilien vor.

Der Grundstückswert wird beim Ertragswertverfahren getrennt vom Ertragswert der baulichen Anlagen berechnet. Der Hintergrund: Das Grundstück verliert nicht an Wert, auch wenn die Immobilie nicht mehr zur Ertragserwirtschaftung genutzt wird. Wie beim Sachwertverfahren richtet sich der Grundstückswert nach dem Bodenrichtwert und der Größe des Grundstücks.

Kritik am Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren bietet eine sehr praxisnahe Bewertung. Dieses ist jedoch sehr stark vom Liegenschaftszins abhängig. Für eine realitätsnahe Berechnung sind viele Daten oder ein erfahrener Gutachter, der den Zins angemessen festlegt, nötig. Problematisch ist die Bewertung auch in Regionen mit stark steigenden Mietpreisen. Dabei fällt der Ertragswert oft zu gering aus, da sich die Berechnung an vergangenheitsbezogenen Daten orientiert.

Vergleichswertverfahren

Beim Vergleichswertverfahren steht im Vordergrund die Frage: Zu welchem Preis werden vergleichbare Objekte gehandelt? Denn nicht immer ist der materielle Wert einer Immobilie auch der Preis, den ein Verkäufer am Markt erzielen kann. Für eine marktgerechtere Bewertung werden bei dieser Methode die Verkaufspreise vergleichbarer Immobilien herangezogen.

So funktioniert die Berechnung:

Für die Bewertung benötigt der Gutachter eine hinreichende Anzahl vergleichbarer Objekte. Diese müssen im Hinblick auf Gebäudeart, Bauweise, Größe, Ausstattung, Alter, baulicher Zustand ähnlich ausgestattet sein. Um Vergleichswerte zu ermitteln, dienen in der Praxis anonymisierte Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse. Gegebenenfalls werden noch Zu- und Abschläge je nach Objekt für Grundstück, Lage, Bodenbeschaffenheit oder Erschließungszustand berücksichtigt.

Kritik am Vergleichswertverfahren

Der Vergleich bereits in der Realität erzielter Kaufpreise ist zuverlässig und nachvollziehbar und es lässt sich ein realistischer Marktwert bestimmen. Das Vergleichswertverfahren eignet sich jedoch nur für Standard-Objekte mit einer breiten Basis mit Vergleichsdaten. Fehlen vergleichbare Objekte, kann keine realistische Bewertung erfolgen. Für komplexe oder außergewöhnliche Objekte eignet sich das Verfahren nicht.

Fazit: Die Bewertung von Immobilien ist komplex

In Deutschland sind drei Verfahren zur Bewertung von Immobilien zugelassen: Sachwert-, Ertragswert- und Vergleichswertverfahren. Jedes Verfahren eignet sich besonders für bestimmte Immobilienarten und beinhaltet eine komplexe Berechnung, die die umfassenden und detaillierten gesetzlichen Bestimmungen der Immobilienwertverordnung erfüllen muss. Für private Käufer ist es dadurch nahezu unmöglich, den Wert einer Immobilie korrekt einzuschätzen. Meist wird ein professioneller Gutachter mit der Wertermittlung beauftragt. Um ein verlässliches und aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, führt dieser meist zwei Bewertungen mit unterschiedlichen Verfahren durch und bildet daraus einen Durchschnittswert.

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Thomas Brand

Thomas Brand

Thomas Brand ist seit Januar 2020 als Finanzierungsspezialist an Bord und seit knapp 20 Jahren begeistert für das Thema Immobilienfinanzierung. Seine Wurzeln liegen im genossenschaftlichen Bankensektor, in dem er das Immobilienkreditgeschäft von der Pike auf lernen durfte. Sein Ziel bei Plutos ist es, Kunden persönliche Nähe, einen vertrauensvollen Umgang & exzellenten Service - gepaart mit einfachen Finanzierungslösungen zu Top Konditionen - anzubieten.

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