Antizyklische Aktien: Souverän durch alle Marktphasen

Die Börse ist ein Spiegelbild der Wirtschaft. In einer konjunkturellen Aufwärtsphase winken den Anlegern satte Kursgewinne und Dividendenausschüttungen. Doch wie sieht es aus, wenn sich die konjunkturelle Stimmung eintrübt? Im Folgenden werden wir betrachten, warum es überhaupt zu wirtschaftlichen Schwankungen kommt und wie sich Anleger mittels antizyklischen Investierens davor schützen können.

Inhaltsverzeichnis

In den 11 Jahren nach der Finanzkrise 2008 kannten die Märkte langfristig nur eine Richtung: nach oben. Wenn Sie aber bereits länger am Aktienmarkt anlegen, haben Sie sicherlich im eigenen Depot spüren müssen, dass dies nicht immer so ist. Die 2010er Jahre waren geprägt von einem langanhaltenden Aufschwung. Der Nährboden war und ist die historisch lockere Geldpolitik der Zentralbanken industrieller Länder. Die Corona-Krise zeigte jedoch, dass die permanenten Kursanstiege keinesfalls selbstverständlich sind. Im Fall von Kurseinbrüchen gilt es, effektiv Risiken zu minimieren.

Wie funktioniert der Konjunkturzyklus?

Wer antizyklische Aktien ins eigene Portfolio integrieren möchte, sollte die Konjunkturzyklen verstanden haben. Dabei ist es essenziell, die Eigenschaften der einzelnen Konjunkturzyklen zu kennen, um daraus Handlungsaktionen abzuleiten. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen groben Einstieg und Überblick in die Analyse von Konjunkturzyklen geben.

Der Konjunkturzyklus gliedert sich in den Aufschwung (Expansion), den Boom (Hochkonjunktur), den Abschwung (Rezession) und die Depression (Konjunkturtief).

Konjunkturzyklus
Eigene Darstellung, Theoretische Darstellung der Konjunkturzyklen

Im Aufschwung steigen Umsätze und Gewinne der Unternehmen, Arbeitslosigkeit und Lagerbestände sinken. Die allgemeine wirtschaftliche Stimmung ist gut und Unternehmen können Preisanstiege durchsetzen, um Gewinne weiter zu erhöhen. Infolgedessen steigt die Inflation.

Während des Booms wird die Hochkonjunktur erreicht. Umsätze und Gewinne erreichen ihr Maximum, Arbeitslosigkeit sinkt auf ein Tief und die Inflation nimmt weiter zu. Eine typische Konsequenz der Zentralbanken ist es, den Leitzins anzuheben.

Die Rezession bezeichnet eine konjunkturelle Abkühlung. Umsätze und Gewinne nehmen ab und Unternehmen entlassen Mitarbeiter, wodurch die Arbeitslosigkeit steigt. Die Zentralbanken senken in der Regel den Leitzins, um die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen.

In der konjunkturellen Depression erreichen Umsätze und Gewinne ihr Minimum. Die Arbeitslosigkeit steigt auf ein Maximum und die Lager der produzierenden Unternehmen füllen sich, da sich kaum Abnehmer finden.

Was sind antizyklische Aktien?

Die Eingangsaussage, dass die Börse ein Spiegelbild der Wirtschaft sei, impliziert: Wenn die Konjunktur boomt, steigen auch die Kurse an der Börse. Was intuitiv sinnig erscheint, trifft allerdings nicht zwangsläufig auf alle Aktien gleichermaßen zu. Einige Aktien schwanken sehr eng an die Konjunktur gekoppelt. Ist dies der Fall, handelt es sich um zyklische Aktien. Jedoch gibt es andere Aktien, welche von der Fluktuation der Konjunktur weitestgehend unberührt bleiben oder gar von Rezessionen profitieren. In diesem Fall handelt es sich um antizyklische Aktien.

Zyklische Aktien sind für gewöhnlich Aktien jener Unternehmen, welche Produkte und Dienstleistungen über den Grundbedarf hinaus anbieten. Beispielsweise:

  • Automobilhersteller
  • Technologiekonzerne
  • Luxusmodeanbieter
  • (…)

Wenn die Konjunktur boomt, steigen auch die Konsumausgaben der privaten Haushalte. Diese leisten sich dann ein neues Auto, eine Luxusuhr oder einen Urlaub – zyklische Aktien sind Aktien jener Unternehmen, welche diese zyklische Nachfrage bedienen.

Antizyklische Aktien sind normalerweise Aktien jener Unternehmen, welche in einer konjunkturellen Abkühlung weitestgehend stabile Einnahmen erzielen und daher keine bis geringe Bewertungseinbußen und Kurseinbrüche hinnehmen müssen. Folgende Unternehmen bedienen in der Regel wirtschaftliche Grundbedürfnisse der Konsumenten:

  • Lebensmittelhersteller
  • Pharmaunternehmen
  • Energiekonzerne
  • Telekommunikationsanbieter 
  • (…)

sind einige dieser antizyklischen Branchen. Konsumenten werden auch in Zeiten einer Rezession nicht auf Nahrung, Medizin oder eine beheizte Wohnung verzichten können.

Viele Investoren schichten ihr Kapital, bedingt an der konjunkturellen Lage, von Growth in Value Aktien um. Was genau damit gemeint ist, beleuchten wir in unserem Artikel rund um das Thema Aktien genauer.

Vorgehen beim Investieren in antizyklische Aktien

Nachdem wir die verschiedenen Konjunkturzyklen und die Eigenschaften antizyklischer Aktien untersucht haben, stellt sich die Frage: Wie können Investoren diese Erkenntnisse in der Praxis anwenden, um ihr Portfolio gegen hohe Kursschwankungen abzusichern?

Im Fachjargon wird häufig von „Risk-On“ und „Risk-Off“ gesprochen. Beim „Risk-On“ handelt es sich um eine risikoaffine Einstellung der Anleger, welche sich durch steigende Zuflüsse in zyklische Aktien abzeichnet. Primär streben Anleger Kapitalwachstum an. Das „Risk-Off“ ist das Gegenteil: Anleger schichten ihr Kapital von zyklische in antizyklische Aktien um. Das primäre Ziel ist der Kapitalerhalt.

Ob Anleger „Risk-On“ oder „Risk-Off” gehen, hängt davon ab, wie die Konjunkturaussichten sind. Die eingangs beschriebenen Zyklen der Konjunktur und die betrachteten Parameter sind dabei die ersten Elemente der Analyse. Neben dem BIP sind Statistiken zur Arbeitslosigkeit oder ein Blick in die Berichte der Unternehmen nötig, um die konjunkturelle Lage einschätzen zu können. Ferner blicken Anleger auf Zinsentscheide der Zentralbanken und Inflationsdaten. Für gewöhnlich agiert die Börse als Frühwarnsystem einer bevorstehenden Rezession. Daten wie die Arbeitslosigkeit sind hingegen Spätindikatoren, da die Arbeitslosigkeit verzögert steigt.

Fondsmanager beobachten solche Konjunkturindikatoren akribisch, um gezielt umzuschichten. Zum Thema Investmentfonds haben wir bereits einen eigenen Artikel veröffentlicht.

Risiken bei antizyklischen Aktien

Selbstverständlich gehen mit der Strategie, in antizyklische Aktien zu investieren, einige Risiken einher. Zunächst sei gesagt, dass das „Market-Timing“ also die präzise Vorhersage eines Kurseinbruchs empirisch nicht möglich ist. Anleger können lediglich versuchen, mittels erwähnter Konjunkturindikatoren grobe Zeiträume zu identifizieren. 

Des Weiteren ist die Art der Krise entscheidend. Nicht jede Krise ist gleich. In der Corona-Krise beispielsweise gehörten Technologieaktien, anders als in der klassischen Annahme, zu den Gewinnern, in der Dotcom-Blase hingegen zu den Verlierern. Anleger dürfen den Konjunkturzyklus also nicht binär betrachten – die Realität ist weitaus komplexer.

Ein weiteres Risiko ist die Tatsache, dass bei einer engeren Selektion potenzieller Titel ein Diversifikationsmangel droht. Versteifen sich Anleger auf wenige Branchen, gehen sie eine riskante Branchenwette ein.

Fazit: Mit antizyklischen Aktien souverän durch den Markt

Trotz der Risiken ist das Investieren in antizyklische Aktien eine ausgezeichnete Methode, um Ihr Portfolio vor der hohen Volatilität und den Kurseinbrüchen zu schützen, welche mit einer konjunkturellen Krise einhergehen.

Anleger, welche antizyklisch investieren möchten, können sich anhand der klassischen Konjunkturindikatoren regelmäßig ein Bild über die vorherrschende konjunkturelle Lage machen. Je nachdem, ob „Risk-On“ oder „Risk-Off“ gilt, wird von zyklischen in antizyklische Aktien umgeschichtet und umgekehrt.

Gerade Börsenneulinge dürfen dabei nicht die Komplexität der Börse unterschätzen. Mit einer sorgfältigen Analyse und regelmäßigem Monitoring steht einer erfolgreichen antizyklischen Investitionsstrategie nichts im Weg.

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Kai Heinrich

Kai Heinrich

Kai Heinrich ist seit 2012 im Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG und verantwortet schwerpunktmäßig die Bereiche Unternehmenssteuerung, Bestandskundenbetreuung, Fondsmanagement und Organisation. Zusätzlich ist er Fondsmanager des Kana NEB Funds und agiert neben Thomas Käsdorf als Co-Fondsmanager des offensiven Mischfonds Plutos Multi Chance.

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